Rolltreppen-Amok vom Zürcher HB
Er hielt sich für den gestiefelten Kater

Diese Angst kennen wohl viele: Samt Koffer von einer steilen Rolltreppe gestossen zu werden. Herta B. (61) ist im Zürcher Hauptbahnhof genau dies passiert – am Donnerstag stand der Schubser vor Gericht.
Publiziert: 07.02.2019 um 23:06 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2019 um 11:55 Uhr
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Ein bärtiger Mann stiess im März 2018 Reisende im Zürcher HB die Rolltreppe hinunter. (SYMBOLBILD)
Foto: Thomas Meier
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Viktor DammannReporter

Der Angriff von IV-Rentner Karl S.* (39) kam aus dem Nichts. Auf der steilen Rolltreppe zu den Geleisen 41/42 im Zürcher HB verspürte Herta B*. (61) plötzlich einen kräftigen Stoss. Die Reisende verlor das Gleichgewicht und stürzte mitsamt ihrem Rollkoffer kopfüber die Treppe hinunter.

Laut Staatsanwalt Adrian Kägi konnte die Zugbegleiterin den Sturz auf den Steinboden reaktionsschnell mit dem linken Arm abfedern. Trotzdem brach sich die Frau den linken Oberarm. Für den Staatsanwalt viel Glück im Unglück, wie er gestern vor dem Zürcher Bezirksgericht ausführte. Denn: «Er hat einen Schädelbruch mit einer lebensgefährlichen Hirnblutung in Kauf genommen.»

Zweiter Vorfall eine Woche später – wieder im HB

Eine Woche später, am 20. März 2018, kam es zum zweiten Vorfall. Karl S. trat einer aufwärts fahrenden Physiotherapeutin (27) von hinten in die Wade. Als sich die Frau umdrehte, versetzte er ihr einen heftigen Faustschlag ins Gesicht. 

Acht Tage danach konnte der Angreifer im HB geschnappt werden. «Ich bin der gestiefelte Kater», sagte er bei der Verhaftung miauend zu den verdutzten Beamten. Der psychiatrische Gutachter stellte bei Karl S. eine chronische paranoide schizophrene Erkrankung fest.

Wirre Aussagen vor Gericht

«Die Frau, die ich gestossen habe, war selber schuld. Ihr Mund hat gelogen», meinte Karl S. zum Gerichtspräsidenten. Vom zweiten Fall wisse er nichts. Der Mann vermittelte einen wirren Eindruck. Er erzählte auch, dass er seit seiner Kindheit «freundliche» Stimmen höre.

Das Gericht kam den Forderungen des Staatsanwalts nach und verurteilte den rückfallgefährdeten Rolltreppenschreck zu einem Jahr Gefängnis – aufgeschoben zugunsten einer stationären Therapie, der sogenannten «kleinen Verwahrung».

* Namen geändert

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