Die Rassismus-Welle schwappt durch die sozialen Netzwerke. Auf Facebook wird über Asylsuchende als «Dreckspack» gewettert, auf Twitter gegen Einwanderer gehetzt.
Das bestätigt das Bundesamt für Polizei. Die Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Internetkriminalität (Kobik) sieht sich mit immer mehr solcher Fälle konfrontiert. Jüngstes Beispiel: Ein Facebook-Post des Walliser SVP-Manns Hans-Peter Mathieu (65), der in dem sozialen Netzwerk Muslime als «Kamelficker» verunglimpfte, wie BLICK heute publik machte.
Wie kommts? «Man kann dank Social Media schneller auf etwas reagieren, über das man sich im ersten Moment empört», sagt Martin Wettstein von der Abteilung Medienpsychologie & Medienwirkung am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Uni Zürich. «Bei einem Leserbrief muss man sich hinsetzen, sich Zeit nehmen. Und dann verwirft man einen Gedanken vielleicht wieder, bevor man den Brief abschickt. Die Schwelle ist in den sozialen Netzwerken deutlich niedriger.» Dementsprechend schneller ist die rassistische Tirade online – und für die ganze Welt sichtbar.
Suche nach Bestätigung
Dabei unterschätzen weiterhin viele Nutzer die Konsequenzen. Wettstein: «Etwas, das man am Stammtisch in der Ecke sagt, brüllt man auch nicht unbedingt ins Lokal hinein. Vielen Leuten ist nicht bewusst, wie gross ihre Reichweite auf Facebook und Twitter ist.»
Macht Social Media also böse? Nicht unbedingt. Aber manch zweifelhafte Haltung wird hier schwarz auf weiss sichtbar. Dazu kommt noch eine Art sozialer Druck. «Manch ein User sucht auch nach Bestätigung in seinem Online-Freundeskreis. Auf der Suche nach schnellen Likes und Shares wird vielleicht auch etwas sehr stark zugespitzt.»
Verstärkt Zuspruch den Extremismus?
Eine Studie des US-Kommunikationswissenschaftlers Benjamin R. Warner kommt etwa zum Schluss, dass Zuspruch auf sozialen Netzwerken den politischen Extremismus verstärken kann.
Dabei sei Social Media in den letzten Jahren nicht unbedingt politischer geworden, sagt Wettstein. «Politische Parteien versuchen mittlerweile über Social-Media-Kanäle die Bürger zu erreichen. Diese Bemühungen haben sich sicher verstärkt. Aber wir können derzeit nicht sagen, dass Wortmeldungen auf Facebook und Twitter die politische Debatte tatsächlich beeinflussen.»