Der Zürcher Ozan K.* (41) steht am Dienstag am Bellevue-Platz. Es ist gerade einmal zwei Tage her, dass er hier eine Joggerin (27) angefahren hat. «Es ist komisch, wieder hier zu sein», sagt der Unternehmer zu Blick. «Jetzt ist dieser Platz mit einem so tragischen Vorfall verbunden.» Seit dem Crash gehe er das Geschehene immer wieder durch: «Ich frage mich, ob ich den Unfall irgendwie hätte verhindern können.»
Für sich wisse er aber: «Ich hatte keine Chance. Sie kam aus dem Nichts!» Sowieso spiele die Schuldfrage für ihn aber keine Rolle: «Es gab einen Verlierer in dieser Sache, und das ist sie. Es ist mir nur wichtig, dass sie sich vom Unfall schnell und ganz erholt.»
Familienausflug wird zum Albtraum
Rückblick: Am Sonntag ging K. mit seiner Frau und seiner Tochter im Sihlcity ins Kino. Danach wollten sie nach Hause nach Wetzikon ZH. Gegen 16 Uhr fuhr die Familie um die Kurve des Bellevue-Platzes in Richtung Opernhaus: «Ich war höchstens mit 35 km/h auf der mittleren Spur unterwegs, weil viel los war», sagt K. «Natürlich fahre ich dann nicht wie ein Wahnsinniger durch die Stadt!»
Plötzlich krachte es! «Es ging alles so schnell, es war gerade einmal eine Millisekunde! Ich habe nichts, aber auch nichts von ihr vorher wahrgenommen!», sagt K., der etwa auf der Höhe der Bushaltestelle Bellevue unterwegs war. «Wir Autofahrer hatten grünes Licht. Auf beiden Seiten standen Menschenmengen und warteten.»
«Hoffentlich hat sie überlebt»
Nach dem Aufprall habe er sogleich zu Gott gebetet: «Mir ging da einfach immer wieder durch den Kopf: Hoffentlich hat sie überlebt, hoffentlich hat sie überlebt.»
Er sei ausgestiegen und habe gesehen, dass die dunkel gekleidete Joggerin versuchte, sich zu bewegen: «Gleich mehrere Menschen gingen zu ihr hin, andere kamen zu mir. Sie rieten ihr, sich nicht zu bewegen. Und ich wurde gefragt, ob alles in Ordnung sei.» Seine Frau habe wohl als Erste den Notruf gewählt. «Zum Glück kam die Polizei innerhalb von zwei, drei Minuten. Es lief alles sehr koordiniert und auch sehr menschlich!», sagt K. «Ich möchte mich bei allen Mitmenschen und Einsatzkräften für ihre Hilfe bedanken!»
Die junge Frau erleidet laut der Stadtpolizei Zürich unbestimmte Verletzungen, die Frontscheibe seines Mercedes: komplett zerstört. Doch der Schaden sei ihm völlig egal: «Ich bin mit den Gedanken bei der Verletzten!»
Auto provoziert
Er selbst habe sich nach dem Aufprall auf seine Familie fokussiert: «Meine Frau und meine Tochter haben ja den Unfall hautnah miterlebt. Meine Tochter hat extrem geweint, als sie die Joggerin auf dem Boden liegen sah. Ich wollte einfach, dass sie nicht noch weiter belastet werden.» Sein Bruder habe die Tochter und seine Frau gleich nach deren Aussage bei der Polizei abgeholt und nach Hause gefahren.
Nach dem Unfall gab es unterschiedliche Reaktionen auf die Schuldfrage: Manche Mitmenschen sahen die Schuld beim Mercedes-Fahrer: «Das Gemunkel fing bereits an der Unfallstelle an. Mir ist bewusst, dass mein Mercedes C63 S AMG provoziert und mit einer hohen Geschwindigkeit in Verbindung gebracht wird», sagt K. Trotzdem: «Ich bin kein Raser und auch kein Poser! Und ich bin keine 20 mehr: Ich muss mich und mein Auto nicht präsentieren.» Ausserdem: «Gleich nach dem Crash kamen Augenzeugen auf mich zu und boten mir an, ihre Aussagen bei der Polizei zu machen.»
Auf Anfrage heisst es bei der Stadtpolizei Zürich, dass die Schuldfrage nun geklärt wird.
*Name geändert