«Sie sind kein Whistleblower, sondern ein ganz normaler Krimineller, ein nur auf seinen eigenen Vorteil bedachter Krimineller. Ein richtiger Whistleblower steht zu dem, was er gemacht hat und beruft sich auf Rechtfertigungsgründe.»
Diese Worte richtete der Zürcher Oberrichter Peter Marti am 23. August an den ehemaligen Julius-Bär-Banker und Wikileaks-Informanten Rudolf Elmer, den das Gericht eben wegen versuchter Nötigung, Drohung und Urkundenfälschung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt hatte.
Für Elmer offenbar ein Affront! Er habe sich durch Martis Bemerkungen «vor versammeltem Publikum und vor der Presse persönlich angegriffen und beleidigt» gefühlt, polterte der 61-Jährige – und reichte gegen den Richter kurzerhand Strafanzeige wegen Ehrverletzung ein.
Doch daraus wird nun nichts, wie die «NZZ» heute berichtet. Die Geschäftsleitung des Kantonsrats, die für Ermittlungen gegen Richter Marti eine Ermächtigung hätte erteilen müssen, hat entschieden, dass der Fall nicht untersucht werden darf.
Worte des Richters seien wahr
Das 16-köpfige Gremium begründete dies laut der Zeitung unter anderem damit, dass es offensichtlich keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Richters gebe, «da dieser im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabe, das Urteil zu begründen, gehandelt hat, wozu auch Ausführungen zu Motiv und Verwerflichkeit der Tat gehören».
Zudem, so die Geschäftsleitung, entsprächen Martis Worte der Wahrheit.
Keine Rolle spielt dabei auch, dass Elmer in den Medien in der Tat immer wieder als «Whistleblower», «Held» und «Robin Hood» bezeichnet wurde. Dem Richter müsse es erlaubt sein, «mit klaren Worten den Standpunkt des Gerichts kundzutun und ein Gegengewicht zu den Pressestimmen leisten zu können», urteilt die Geschäftsleitung.
Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. Rudolf Elmer hat die Möglichkeit, eine Beschwerde an das Bundesgericht einzureichen. (bau)