Ein Internet-Stalker tanzt der Zürcher Polizei auf der Nase herum. Seit Wochen macht er das Leben seiner Ex-Partnerin M. V.* (36) aus Bremgarten AG zur Hölle. «Ich traue mich nicht mehr unter Menschen», sagt die Mitarbeiterin eines Migros-Hamams. Hinzu kommt: Die Polizei muss sich vom Täter verspotten lassen – obwohl es starke Hinweise auf seine Identität gibt.
«Einfach mal vorbeikommen»
Das Martyrium beginnt mit mehreren Homepages, die der Mann im Namen der 36-Jährigen erstellt. «Grüezi mitenand, ich bin in der Schweiz als Hobbynutte unterwegs», steht da. «Nach Geschäftsschluss biete ich versaute Spiele an», heisst es weiter. «Jeder mit Gruppensex-Interesse» könne teilnehmen. Dazu Adresse und Direktwahl des Migros-Centers, in dem das Stalking-Opfer arbeitet.
Verbunden ist das Ganze mit der Aufforderung, einfach mal direkt als «normaler Kunde» vorbeizukommen. Auch vermeintliche Codewörter werden benannt. Am Wochenende stehe M. V. zudem «privat zur Verfügung», steht über der Wohnadresse des Opfers. Besonders demütigend: Die Seite ist gespickt mit Nacktfotos der Frau. Den Link dazu streut der Täter breit, auch mit BLICK nimmt er mehrmals Kontakt auf.
Google und Co. stellen auf stur
Für M. V. ist eindeutig, um wen es sich beim Internet-Grüsel handelt. Noch-Ehemann A. W.* soll hinter den Diffamierungen stehen. Der Astrologe und Autor ist laut Medienberichten vorbestraft wegen versuchter Vergewaltigung und wegen Betrug. «Er wird nicht aufhören, bis ich alles aufgebe, meinen Job kündige und wegziehe», sagt sein Opfer verzweifelt. Und weiter: «Ich war gerade fünf Stunden bei der Polizei, aber er ist nicht auffindbar.»
Zwar löscht die Polizei die Seiten immer wieder. Aber: Der Stalker stellt sie schneller wieder online, als man sie aus dem Netz nehmen kann. Auch bei den Kundenbewertungen der Migros-Filiale wird M. V. übel beschimpft. O-Ton: «Leider hast du meinen Charakter geerbt und die Dummheit deiner Mutter», schreibt der Stalker im Namen ihres Vaters. «Wenn du dich scheiden lässt, gehst du denselben Weg wie wir.» Der Internetgigant Google verweigert die Löschung der Beschimpfungen laut der Betroffenen komplett (siehe Box).
Zeitweise habe sich ein Polizist fast ausschliesslich um die Löschung der Seiten gekümmert, so eine Kriminalbeamtin, die mit dem Fall betraut ist, zu BLICK. Auch Sprecher Marco Cortesi gibt sich zerknirscht: «Vor allem bei amerikanischen Internetfirmen werden Rechtshilfe-Anträge auch bei solchen Fällen praktisch immer abgelehnt.»
Das Bundesamt für Polizei stand BLICK für eine Stellungnahme zum Fall nicht zur Verfügung.
Stalker verspottet Schweizer Polizei
Der Stalker wiegt sich in Sicherheit. Per Mail verspottet er sogar die Schweizer Polizei: «Ich befinde mich in London. Was soll schon passieren? Eine Festnahme aufgrund von Vergeltung? Halte ich für ausgeschlossen.» Und weiter: «Da ich die Schweiz, so sehr ich sie auch mag, wohl leider die nächsten Jahre nicht mehr bereisen kann, kann ich aus dem Vollen schöpfen.»
Bei Migros kennt man den Fall, will sich aber zu einem laufenden Verfahren nicht äussern. Nur so viel: Berufliche Konsequenzen muss das Stalking-Opfer nicht befürchten. Solange die Internetseiten kursieren, dürfte das für M. V. aber ein schwacher Trost sein.
* Name geändert
Cyber-Experte Christian Scherg (43) kämpft gegen Rufmord im Internet. Seine Firma Revolvermänner GmbH mit Hauptsitz in Düsseldorf (D) hat sich auf das Entfernen von verleumderischen Inhalten im Netz spezialisiert. Trotzdem ist er schockiert über den Fall der Migros-Mitarbeiterin M. V.* , von der online üble Nacktbilder kursieren. «Das Veröffentlichen von Intimfotos ohne Einverständnis gehört zu den skrupellosesten Rachefeldzügen», so Scherg. «Das Opfer muss dem drohenden sozialen Untergang schnell etwas entgegensetzen.»
Der Experte weiss: «Der Internet-Gigant Google ist oft träge»
Der Experte nennt die wichtigsten Schritte in so einem Fall: «Beweissicherung durch Bildschirmfotos, Meldung und Sperrung der Inhalte auf Suchmaschinen und Anzeige bei der Polizei. Solange der Täter nicht gefunden ist, braucht es ein Monitoring», sagt Scherg. Will heissen: Jemand sucht regelmässig nach Inhalten, beanstandet und löscht diese. Doch das ist oft nicht so leicht. Der Cyber-Experte weiss aus Erfahrung: «Der Internet-Gigant Google ist träge. Es braucht zuweilen Ausdauer, bis Inhalte verschwinden.»
Fakt ist: Die Polizei steht vor einer heiklen Aufgabe. «Plattformbetreiber mit Sitz im Ausland sind oft wenig kooperativ», so Scherg. Er wird konkret: «Beispielsweise über russische Server den Inhaber einer Webseite ausfindig zu machen, ist schwierig bis unmöglich.»
Dennoch sind den Ermittlern nicht die Hände gebunden. Etwa wenn ein konkreter Verdacht gegen einen mutmasslichen Täter vorliegt. Wie im aktuellen Fall, wo der Noch-Ehemann als möglicher Urheber in Frage kommt. Falls er die unzulässig publizierten Intimfotos exklusiv besitzt, ist das laut Scherg ein «starkes Indiz, dass Handlungsdruck bei den Behörden auslöst». Bei genügenden Indizien kann ein Rechtshilfegesuch fruchten, das zu einer Fahndung oder Hausdurchsuchung im Ausland führt.
Cyber-Experte Christian Scherg (43) kämpft gegen Rufmord im Internet. Seine Firma Revolvermänner GmbH mit Hauptsitz in Düsseldorf (D) hat sich auf das Entfernen von verleumderischen Inhalten im Netz spezialisiert. Trotzdem ist er schockiert über den Fall der Migros-Mitarbeiterin M. V.* , von der online üble Nacktbilder kursieren. «Das Veröffentlichen von Intimfotos ohne Einverständnis gehört zu den skrupellosesten Rachefeldzügen», so Scherg. «Das Opfer muss dem drohenden sozialen Untergang schnell etwas entgegensetzen.»
Der Experte weiss: «Der Internet-Gigant Google ist oft träge»
Der Experte nennt die wichtigsten Schritte in so einem Fall: «Beweissicherung durch Bildschirmfotos, Meldung und Sperrung der Inhalte auf Suchmaschinen und Anzeige bei der Polizei. Solange der Täter nicht gefunden ist, braucht es ein Monitoring», sagt Scherg. Will heissen: Jemand sucht regelmässig nach Inhalten, beanstandet und löscht diese. Doch das ist oft nicht so leicht. Der Cyber-Experte weiss aus Erfahrung: «Der Internet-Gigant Google ist träge. Es braucht zuweilen Ausdauer, bis Inhalte verschwinden.»
Fakt ist: Die Polizei steht vor einer heiklen Aufgabe. «Plattformbetreiber mit Sitz im Ausland sind oft wenig kooperativ», so Scherg. Er wird konkret: «Beispielsweise über russische Server den Inhaber einer Webseite ausfindig zu machen, ist schwierig bis unmöglich.»
Dennoch sind den Ermittlern nicht die Hände gebunden. Etwa wenn ein konkreter Verdacht gegen einen mutmasslichen Täter vorliegt. Wie im aktuellen Fall, wo der Noch-Ehemann als möglicher Urheber in Frage kommt. Falls er die unzulässig publizierten Intimfotos exklusiv besitzt, ist das laut Scherg ein «starkes Indiz, dass Handlungsdruck bei den Behörden auslöst». Bei genügenden Indizien kann ein Rechtshilfegesuch fruchten, das zu einer Fahndung oder Hausdurchsuchung im Ausland führt.
Stalking kann Freundschaften und berufliche Karrieren zerstören: Zeigen Sie bei Eingriffen in Ihre Privatsphäre also null Toleranz und erstatten Sie Anzeige bei der Polizei! Sammeln Sie Beweismaterial von unerwünschten Kontaktaufnahmen, wie SMS, E-Mails oder Fotos. Informieren Sie Ihr Umfeld über den Stalker – und rufen Sie Ihre Freunde bei Gelegenheit als Zeugen herbei.
Begegnen Sie dem Stalker auf der Strasse, versuchen Sie ihn zu ignorieren. Gehen Sie nicht ans Telefon, wenn er anruft. Nehmen Sie keine Pakete an, wenn Sie den Absender nicht kennen. Cyberstalking über das Internet ist heute immer mehr verbreitet. Kontrollieren Sie daher ab und zu, was über Sie und Ihre Familie im Netz geschrieben wird. Googeln Sie dazu die Namen und durchsuchen Sie die sozialen Netzwerke. Scannen Sie Ihren Computer auch nach Spyware-Software, womit sich Stalker die Informationen über Sie beschaffen.
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Begegnen Sie dem Stalker auf der Strasse, versuchen Sie ihn zu ignorieren. Gehen Sie nicht ans Telefon, wenn er anruft. Nehmen Sie keine Pakete an, wenn Sie den Absender nicht kennen. Cyberstalking über das Internet ist heute immer mehr verbreitet. Kontrollieren Sie daher ab und zu, was über Sie und Ihre Familie im Netz geschrieben wird. Googeln Sie dazu die Namen und durchsuchen Sie die sozialen Netzwerke. Scannen Sie Ihren Computer auch nach Spyware-Software, womit sich Stalker die Informationen über Sie beschaffen.