Auch am Tag nach dem feigen Angriff auf ihre Töchter sitzt der Schock bei der zweifachen Mutter Nicole M.* (53) tief. «Ich kann noch immer nicht verstehen, warum der Typ meine Töchter angegriffen hat», sagt die Zürcherin leise. Sie hadert: «Er hatte überhaupt keinen Grund. Wer macht so was?»
Ihre beiden Töchter Sandra* (21) und Corinne* (19) geniessen die laue Herbstnacht von Freitag auf Samstag im Zürcher Niederdorf. Eine Freundin (19) der älteren Tochter begleitet die beiden. Das junge Trio ist gut gelaunt. Bis sie plötzlich ein Mann aus Sri Lanka anpöbelt. Er ist Mitte 30, spricht perfektes Zürichdeutsch. Und er ist in Begleitung eines gleichaltrigen Mannes, ebenfalls aus Sri Lanka.
Grundlos angepöbelt – dann eskaliert die Lage
Die jungen Frauen sitzen auf einer Treppe neben dem Restaurant Walliser Keller. Nicole M. berichtet, was ihre traumatisierten Töchter erleben mussten: «Der Mann stellte komische Fragen und lachte dreckig!» Die Mädels wollen nicht belästigt werden. «Die Freundin meiner älteren Tochter sagte zu den Männern, dass sie gehen sollen. Doch kam der eine der beiden noch näher», so Nicole M. weiter.
Dann passiert es. Die Mutter stockt: «Meine ältere Tochter stand auch auf und schob den Mann von sich weg. Da schlug er einfach zu. Mit einer Corona-Bierflasche. Der Schlag war so hart, dass die Flasche auf dem Kopf meiner Tochter zersplitterte.»
Für junge Frauen wird es immer gefährlicher, in den Ausgang zu gehen. Erschreckender Grund: Die Gewalt gegen sie hat deutlich zugenommen. Betroffen sind insbesondere junge Frauen zwischen 15 und 24 Jahren. Das zeigen Zahlen der Schweizerischen Unfallstatistik, die die «SonntagsZeitung» für die Jahre 1995 bis 2016 auswertete.
Die gewaltbedingten Unfälle junger Frauen stiegen demnach in dieser Zeit im öffentlichen Raum um mehr als das Dreifache. 1995 gab es bei jungen Frauen 200 solcher Unfälle – 2016 waren es bereits 640.
Auch die Zahlen der nationalen Opferstatistik belegen es. 2017 gab es mit 27'165 Beratungen für weibliche Opfer einen Rekord. Seit 2000 haben sich die Fälle hier ebenfalls fast verdreifacht.
Auch die Verletzungen werden immer heftiger. 1995 betrugen die Heilungskosten nach einem Gewaltunfall im Schnitt knapp 300 Franken. In den letzten 20 Jahren hat sich dieser Betrag fast verdoppelt. Im gleichen Zeitraum stiegen die Durchschnittskosten aller Freizeitunfälle viel weniger stark.
Zwar sind Verletzungen durch Gewalttaten bei jungen Männern weiter viel häufiger als bei Frauen. Seit 2009 ist aber auch dort eine Trendwende zu sehen. Seither sinkt bei Männern das Risiko auf Verletzungen im öffentlichen Raum deutlich.
Für junge Frauen wird es immer gefährlicher, in den Ausgang zu gehen. Erschreckender Grund: Die Gewalt gegen sie hat deutlich zugenommen. Betroffen sind insbesondere junge Frauen zwischen 15 und 24 Jahren. Das zeigen Zahlen der Schweizerischen Unfallstatistik, die die «SonntagsZeitung» für die Jahre 1995 bis 2016 auswertete.
Die gewaltbedingten Unfälle junger Frauen stiegen demnach in dieser Zeit im öffentlichen Raum um mehr als das Dreifache. 1995 gab es bei jungen Frauen 200 solcher Unfälle – 2016 waren es bereits 640.
Auch die Zahlen der nationalen Opferstatistik belegen es. 2017 gab es mit 27'165 Beratungen für weibliche Opfer einen Rekord. Seit 2000 haben sich die Fälle hier ebenfalls fast verdreifacht.
Auch die Verletzungen werden immer heftiger. 1995 betrugen die Heilungskosten nach einem Gewaltunfall im Schnitt knapp 300 Franken. In den letzten 20 Jahren hat sich dieser Betrag fast verdoppelt. Im gleichen Zeitraum stiegen die Durchschnittskosten aller Freizeitunfälle viel weniger stark.
Zwar sind Verletzungen durch Gewalttaten bei jungen Männern weiter viel häufiger als bei Frauen. Seit 2009 ist aber auch dort eine Trendwende zu sehen. Seither sinkt bei Männern das Risiko auf Verletzungen im öffentlichen Raum deutlich.
Kiefer der jungen Frau zerschmettert
Damit nicht genug. Der Angreifer attackiert auch die Freundin der älteren Tochter. «Er schlug sie mit der Faust mitten ins Gesicht», sagt Nicole M. Der Kiefer ist zerschmettert. Der Begleiter des Schlägers steht untätig daneben. Er stoppt den Gewaltexzess nicht, genauso wenig wie andere Passanten.
Dafür greift plötzlich ein dritter Mann (22) ins Geschehen ein – wieder ein Mann aus Sri Lanka. Für Nicole M. der Held des Abends: «Er beschützte die beiden Frauen, die am Boden lagen, und die jüngere Tochter, die noch immer auf der Treppe sass.» Er verjagt seine beiden Landsmänner. Dabei geht er nicht gerade zimperlich vor: Laut Polizeibericht erleiden alle drei Männer so schwere Kopfverletzungen, dass sie notfallmässig ins Spital müssen.
Tränen, Wut, Verzweiflung
Die brutale Bilanz: Die ältere Tochter Sandra erleidet eine Hirnerschütterung und eine Platzwunde, ihre Kollegin einen Kieferbruch, die jüngere Tochter einen schweren Schock. Nicole M. sagt verbittert: «Sie heulte nur noch und war völlig fertig.»
Im Unispital treffen die verletzten Frauen auch auf den Mann, der ihren Peiniger angegriffen hat, die Schläge stoppte. «Er entschuldigte sich tausendmal für die schrecklichen Taten seines Landsmannes. Er schämte sich dafür, was der Typ den Mädchen angetan hatte.»
Der Fall ist noch nicht geklärt. Die Polizei verhaftete alle drei Männer aus Sri Lanka – und sucht Zeugen des feigen Angriffs.
* Namen geändert
Géraldine Nowa (29) aus Märwil TG wurde am 12. August nach der Street Parade in Zürich von drei Tamilen spitalreif geprügelt. Die zweifache Mutter war mit einer Freundin unterwegs. Die Männer verfolgten die Frauen und beschimpften sie obszön. Als sich Nowa zur Wehr setzte, traktierten die Männer sie mit Schlägen gegen Kopf und Bauch. Sie erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Die Täter sind noch nicht gefasst.
Géraldine Nowa (29) aus Märwil TG wurde am 12. August nach der Street Parade in Zürich von drei Tamilen spitalreif geprügelt. Die zweifache Mutter war mit einer Freundin unterwegs. Die Männer verfolgten die Frauen und beschimpften sie obszön. Als sich Nowa zur Wehr setzte, traktierten die Männer sie mit Schlägen gegen Kopf und Bauch. Sie erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Die Täter sind noch nicht gefasst.
Am 8. August attackierten fünf Männer in Genf fünf junge Frauen. Sie verletzten zwei Frauen schwer, eine davon lag tagelang im Koma. Die Genfer Behörden identifizierten die meisten Angreifer und leiteten den Fall an die französische Justiz weiter. Diese ermittelt wegen versuchter vorsätzlicher Tötung. Die Schläger sind Franzosen und seit der Attacke auf der Flucht.
Am 8. August attackierten fünf Männer in Genf fünf junge Frauen. Sie verletzten zwei Frauen schwer, eine davon lag tagelang im Koma. Die Genfer Behörden identifizierten die meisten Angreifer und leiteten den Fall an die französische Justiz weiter. Diese ermittelt wegen versuchter vorsätzlicher Tötung. Die Schläger sind Franzosen und seit der Attacke auf der Flucht.