Für das Zürcher Bezirksgericht ist klar: Ein 37-Jähriger hat im August 2019 auf einem Parkplatz in Schwamendingen den 66-jährigen Italiener Luigi S.* getötet.
Die Tötung sei kaltblütig gewesen, es habe sich um eine eigentliche Exekution gehandelt, sagte der vorsitzende Richter in der mündlichen Urteilsbegründung. Die geplante Tat zeuge von einer «hohen Zielgerichtetheit und Professionalität».
Es verurteilte den Mann am Mittwochabend wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren und drei Monaten. Zudem muss der Schweizer mit türkischen Wurzeln der Opferfamilie Genugtuungen in Höhe von 83'000 Franken zahlen.
Pasta-König auf Parkplatz erschossen
In der Nacht auf den 5. August 2019 war der als Pasta-König von Zürich bekannte Italiener in seinem Auto, das auf einem Parkplatz in Schwamendingen stand, erschossen worden. Der Täter hatte weit nach Mitternacht vom Rücksitz und aus nächster Nähe zwei Schüsse abgegeben.
Luigi S. war ein leidenschaftlicher Gastronom und arbeitete unter anderem im Dolder Waldhaus und belieferte zahlreiche Restaurants mit seinen selbst gemachten Teigwaren und Gnocchi.
«Habe ihn nicht getötet»
Der Beschuldigte hatte vor Bezirksgericht Zürich grundsätzlich jede Aussage verweigert. Er möge «ein Arsch» sein und früher Fehler gemacht haben, hielt er, der unter anderem wegen Veruntreuung und Verstössen gegen das Waffengesetz mehrfach vorbestraft ist, einzig fest. «Aber getötet habe ich ihn nicht.»
Wie aus den unbeantworteten Fragen des Richters und den Ausführungen der Staatsanwältin hervorging, macht der Mann, der nun bereits seit etwas mehr als vier Jahren in Untersuchungs- und Sicherheitshaft sitzt, die Mafia oder andere dubiose Geschäftspartner des Italieners für die Schüsse verantwortlich.
Keine Blut- oder Schmauchspuren
Trotz dieser Hinweise seien alternative Abläufe gar nicht geprüft worden, kritisierte dessen Verteidiger und sprach von einer «verengten Optik der Anklage». Beweise für eine Beteiligung seines Mandanten bestünden nicht. So seien an dessen Körper und Kleidung keinerlei Blut- und Schmauchspuren festgestellt worden.
Die Staatsanwältin verwies darauf, dass der Mann nachweislich die Kleider gewechselt habe. Zudem habe die Zeit ausgereicht, um sich gründlich zu waschen. Von einem früheren Beinschuss habe er gewusst, wie die Spuren abgenommen würden.
Sie räumte ein, dass es keine sicheren Sachbeweise gebe. Es lägen aber viele Indizien vor, etwa Handynachrichten, DNA-Spuren des Mannes am hinteren Türgriff und Aussagen. «Es mögen ein paar Steinchen fehlen, doch das Muster des Mosaiks ist klar erkennbar.»
Luigi hatte ihm ein Darlehen gewährt
Das Bezirksgericht sah es genauso: Für eine Dritttäterschaft spreche – ausser den widersprüchlichen Angaben des Beschuldigten – nichts, befand der Richter. Es seien über 100 Personen befragt worden; dies zeige, dass die Untersuchung offen geführt worden sei.
Als Grund für die Tat nannte die Staatsanwältin Geld. Der Italiener hatte dem jüngeren Mann im Mai und Juni 2019 in zwei Tranchen 350'000 Franken überwiesen. Dies offenbar als «kurzfristiges Darlehen» für ein Investment-Geschäft.
Das Geld investierte der verschuldete 37-Jährige aber nicht wie angekündigt bei Bankier «Emet», sondern verwendete es für private Zwecke wie Bordellbesuche. Als Luigi S. auf einer Gewinnauszahlung oder Rückzahlung seines Darlehens beharrte, sicherte er diesem nach verschiedenen Ausflüchten zu, den Bankier am 4. August 2019 treffen zu können.
Lügengebilde drohte einzustürzen
Ort und Zeitpunkt dieses Treffens verschoben sich an jenem Sonntag dann mehrmals. Denn: Bei «Emet» hat es sich um eine imaginäre Person gehandelt, die zum aufwendig aufgebauten Lügengebilde des 37-Jährigen gehörte, wie die Staatsanwältin sagte. Da dieses Lügengebilde einzustürzen drohte, kam es gemäss ihr zur Tat.
Der Verteidiger stufte dies als Hypothese ein. Weshalb der Italiener, der auch undurchsichtige Geschäfte betrieben habe, 350'000 Franken an seinen Mandanten überwiesen habe und ob überhaupt eine Rückzahlungspflicht bestanden habe, sei unklar. Zudem hätte eine Tötung diese angeblichen Schulden ja nicht verschwinden lassen.
Die Staatsanwältin hatte eine Verurteilung wegen Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verlangt. Der Anwalt der Opferfamilie forderte Genugtuungen von insgesamt 112'000 Franken. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch seines Mandanten, dessen sofortige Haftentlassung und eine angemessene Entschädigung.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann Beschwerde am Zürcher Obergericht eingelegt werden. (SDA/neo)
*Name geändert
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