Milo (8) bei Feuerwehrübung in Schlieren ZH schwer verletzt
Fürs Leben gezeichnet, aber niemand will bezahlen

Ein Metallrohr spickte einem Feuerwehrmann in Schlieren bei einer Vorführung vor Erstklässlern aus der Hand – und traf Milo (8) am Kopf. Jetzt hat er eine grosse Narbe im Gesicht. Doch die Stadt Schlieren will kaum Entschädigung zahlen.
Publiziert: 26.03.2019 um 23:10 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2019 um 16:51 Uhr
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Jeden Tag nimmt das Pflegen der Wunde viel Zeit in Anspruch. Vater Leandro A. klebt ein Pflaster auf die Narbe.
Foto: Helena Schmid
Helena Schmid

Das Missgeschick eines Feuerwehrmanns hat Milo* (8) fürs Leben gezeichnet. Eine rosa schimmernde Narbe verläuft quer über seine Stirn – sechs Zentimeter lang, zwei Millimeter breit.

Der Unfall passiert im Mai 2017: Die Erstklässler in Schlieren ZH dürfen die Feuerwehr besuchen. Der damals sechsjährige Milo freut sich auf das Feuerwehrauto, die Schläuche und Uniformen.

Dann gibts Action: Ein Feuerwehrmann zeigt vor, wie man eingeklemmte Personen aus Autos befreit. Dazu schneidet er mit einer Presszange ein Metallrohr durch. Die Kinder schauen aus der Nähe zu – ohne Schutzkleidung. Beim Sägen spickt ein Teil des Rohres weg, trifft Milo am Kopf.

Weder Polizei noch Sanität alarmiert

Das Kind schreit, blutet stark. «Die Haut war bis zum Knochen offen», sagt Milos Vater Leandro A.* (42). «Trotzdem hat der Feuerwehrmann nicht die Sanität geholt.» Als Leandro A. sein Kind abholt, schreit Milo noch immer, bringt es ins Kinderspital nach Zürich. Dort muss Milo operiert werden, denn die Wunde ist mit rostigen Metallsplittern verschmutzt. Doch die Versorgung der Wunde ist aufwendig – und teuer.

Selbst knapp zwei Jahre nach dem Unfall muss die Narbe täglich eingecremt, massiert und mit einem Therapiegerät zu Hause behandelt werden. 

Die Eltern sehen von einer Strafanzeige ab, lassen sich auf einen Deal mit der Stadt Schlieren ein: Sie erkennt die Haftung für den Unfall an, dafür leitet die Familie keine rechtlichen Schritte ein. Heute bereut der Vater seine Entscheidung, denn nun muss Familie A. um ihre Entschädigung kämpfen.

Weniger als die Hälfte zugesprochen

Sie stellt der Axa Winterthur, der Versicherung der Stadt, eine Rechnung für den Aufwand, den sie in den letzten zwei Jahren hatte: Selbstbehalte, tägliche Pflegeleistungen, verlorene Arbeitstage, Pflaster und Geräte summieren sich auf 17'048.60 Franken. Doch die Axa spricht Familie A. nur 8461 Franken zu.

Leandro A. ist enttäuscht, weil sie die Kosten bewusst niedrig gehalten haben: «Wir hätten auch die Kinderspitex für die tägliche Wundversorgung aufbieten können, das wäre viel teurer geworden.»

Die Axa begründet: Das Behandeln der Wunde brauche doch nicht so viel Zeit. Ausserdem könne Milo die Narbe doch teilweise selber versorgen. Zudem hätte die Mutter die Arzttermine ausserhalb ihrer Arbeitstage planen können.

Familie muss das Geld annehmen

Leandro A. ist wütend: «Milo ist doch erst acht Jahre alt. Die Axa unterstellt uns, dass wir uns an Milos Unfall bereichern wollen. Das stimmt nicht! Aber jemand muss doch dafür geradestehen, dass unser Sohn für immer diese Narbe haben wird.» 

Gegenüber BLICK weist die Axa die Vorwürfe als haltlos zurück. Man habe sich mit dem Anwalt der Familie geeinigt. Leandro A. erklärt: «Einen Rechtsstreit können wir uns nicht leisten.» Immherhin: «Der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Die Axa ist bereit, zukünftige Kosten zu prüfen und zu entschädigen», so die Versicherung.

Seine Narbe mitten im Gesicht wird Milo noch lange tragen müssen – für einen plastischen Eingriff ist er noch zu jung. Familie A. versucht dennoch, optimistisch zu bleiben. «Wir sind einfach dankbar, dass unser Milo noch lebt und sonst gesund ist.» 

* Name geändert

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