Millionenschäden bei Chaoten-Demo in Zürich
Endlich redet der Polizeichef

Der Zürcher Polizeichef Richard Wolff hat über 36 Stunden geschwiegen. Jetzt redet er und zeigt sich übers Chaotentum schockiert.
Publiziert: 14.12.2014 um 16:52 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:49 Uhr
Spricht klare Worte: Stadtrat Richard Wolff (Archivbild)
Foto: Keystone

«Ich bin tief betroffen», sagte Wolff am Sonntag. Die Form dieser gewalttätigen Ausschreitungen sei ohne Wenn und Aber zu verurteilen. Das Ausmass an Gewalt - vor allem gegen Menschen - aber auch die massiven Sachbeschädigungen seien «inakzeptabel».

Unter dem Motto «Reclaim the Street» - «Holt euch die Strasse zurück» - waren am Freitagabend rund 200 Demonstranten von Wiedikon über die Langstrasse bis zur Europaallee gezogen und hatten eine Spur der Verwüstung hinterlassen.

Die Polizei war von der unbewilligten Demonstration regelrecht überrumpelt worden. Sie hatte nach eigenen Angaben keine Kenntnis im Voraus. Es mussten deshalb via SMS-Alarm zusätzliche Einsatzkräfte mobilisiert werden.

Herr Wolf, wann haben Sie von den Krawallen erfahren?
Richard Wolff: Ich erhielt am Freitag Abend gegen 23 Uhr einen Alarm-Anruf.

Wann konnten Sie sich ein Bild der Verwüstungen machen?
Ich war nicht in Zürich. Am Samstag bin ich in die Stadt gefahren und konnte dann auch direkt mit betroffenen Ladenbesitzern vor Ort sprechen, genauso mit den Polizisten und Polizistinnen in der attackierten Wache an der Militärstrasse.

Wie waren ihre Eindrücke? Viele Gewerbetreibende stehen vor den Trümmern ihrer Existenz.

Ja, das sind riesige Schäden und Plünderungen. Die Randalierer sind mit unglaublicher Aggressivität vorgegangen, ich war erschrocken.

Auch die Zürcher Polizei wurde massiv angegangen. Sieben Beamten wurden verletzt.
Glücklicherweise konnten die betroffenen Beamten das Spital mittlerweile verlassen. Aber: Das waren Angriffe auf Leib und Leben, mit Feuerwerkskörpern, Petarden und Steinen.

Viele Augenzeugen berichten, dass die Polizei lange Zeit nicht Herr der Lage wurde.
Richtig ist, dass wir von dem Protestzug überrascht wurden. Doch innert kürzester Zeit konnten die Krawalle gestoppt werden. Ich habe mich für den Einsatz bei allen kantonalen und städtischen Polizisten schriftlich bedankt, sie haben gut reagiert.

Dennoch: Von den 200 Protestlern wurden ganze vier Randalierer verhaftet.
Priorität hatte ein Eindämmen der Krawalle – das ist geglückt. Für uns sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen. Schon heute werden wir den Einsatz analysieren, dazu mögliche Massnahmen diskutieren.

Was war das überhaupt für eine Gruppierung? Vermuten sie Krawalltouristen unter den Demonstranten?
Für eine konkrete Analyse ist es jetzt noch zu früh. Mit rechts oder links hatte es nichts zu tun. Gewalt verurteile ich.

Heftige Kritik von allen Seiten

Parteien von links bis rechts verurteilten die Gewaltexzesse. Die SVP ortete die Randalierer schnell in der linksautonomen Szene der Hausbesetzer und forderte die sofortige Räumung des besetzten Kochareals und die polizeiliche Registrierung der Hausbesetzer.

SVP-Nationalrat Hans Fehr, Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission, forderte in einem Communiqué vom Sonntag «Null-Toleranz gegenüber Chaoten». Polizeivorstand Wolff müsse der Polizei volle Rückendeckung geben. Rechtsfreie Räume seien nicht zu dulden.

«Härte und eine geschlossene politische Front» gegen «den kriminellen Mob» verlangte auch die BDP der Stadt Zürich. Der Polizei müssten alle nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit diese hart und entschlossen vorgehen könne, schreibt die Partei in einer Mitteilung.

Auch der grüne Gemeinderat Markus Knauss ist schockiert über das, was in der Stadt Zürich abgelaufen ist. In einem Interview mit TeleZüri warnte er allerdings vor «pauschalen Verurteilungen» und «Überreaktionen». Es stehe überhaupt nicht fest, ob Hausbesetzer für die unbewilligte Demo verantwortlich gewesen seien.

Der Verband Schweizerischer Polizei-Beamter (VSPB) reagierte aufs Schärfste auf die Attacken gegen die Polizeikräfte. In einer Mitteilung wiederholte er seine Forderung, dass die Politik das Problem der Gewalt gegenüber Polizisten und Polizistinnen angehen müsse.

Eine brennende Fackel ins Innere eines Polizeifahrzeuges zu werfen, sei einem vorsätzlichen Tötungsversuch gleichzusetzen, liess sich VSPB-Generalsekretär Max Hofmann zitieren. Es sei höchste Zeit, die zunehmende Gewalt gegen Polizisten mit allen Mitteln zu unterbinden.

Unter anderem fordert der Verband schon seit längerem den Einsatz von so genannten Body-Cams. Diese kleinen Videokamers, die an der Ausrüstung befestigt werden, könnten in bestimmten Umständen Polizisten vor Gewalt schützen.

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