Ab 30 Jahren gehören Breakdancer in der Szene zu den Opas. Denn die Tanzform ist körperlich extrem belastend. Doch das interessiert Michael «My-Key 77» Reichert (44) aus Embrach ZH nicht. Der Tänzer macht auch mit 44 Jahren immer noch locker artistische Figuren und verharrt für die Blick-Fotografin extra lange kopfüber in wilden Positionen.
«Ich bin meines Wissens der älteste Breakdancer der Schweiz, der noch auf internationalem Level an Battles mittanzt», sagt My-Key. Die letzten Wochen nahm er zum Beispiel an Wettkämpfen in Pontcharra (F), Stuttgart (D) und Freiburg teil.
«Harte Arbeit bezahlt sich aus»
Doch nicht nur das – er gewinnt auch noch Wettkämpfe! So heimste er im Mai in Stuttgart an der «Battle of the Month» den ersten Platz in der Generationen-Battle ein. Dort bilden je zwei Tänzer ein Team, die mindestens zehn Jahre Altersunterschied aufweisen müssen. My-Key und sein Duo-Partner Baby OG (31) aus Mexiko sicherten sich den Sieg. «Das ist schon ziemlich krass», sagt der Embracher überwältigt. «Jahrelang hatte ich nichts mehr gewonnen – und jetzt das! Die harte Arbeit bezahlt sich nun aus.»
Denn um in diesem Alter immer noch so sportlich zu sein und zur internationalen Elite zu gehören, steckt My-Key viel Arbeit in seine Fitness: «Ich mache täglich Yoga und Stretching, mehrmals wöchentlich Krafttraining und ich tanze natürlich fast jeden Tag.» Zudem achte er sehr streng auf seine Ernährung, isst vegetarisch und verzichtet weitestgehend auf Milchprodukte und Zucker.
Vom Tanzen bezahlt er seine Rechnungen
1992 begann My-Key zu breaken, 30 Jahre ist das nun her. Seit über 20 Jahren lebt er vom Tanzen, etwa dank Unterricht oder Tanzshows. So trat er mit verschiedenen Crews weltweit auf Bühnen auf, mit der Gruppe Stylize im Jahr 2010 auch in den SRF-Sendungen «Aeschbacher» und «Benissimo» sowie im Louvre in Paris. Mit der Gruppe Style Crax wurde er viermal Deutscher Meister und mit der Crew Kayonix zweimal Schweizer Meister. Mit Baby OG und dessen Bruder schaffte er es 2015 zum Vize-Europameister.
«Es war immer mein Traum, vom Tanzen zu leben. Und es reicht heute, um alle meine Rechnungen zu bezahlen», sagt My-Key. «Heute gebe ich vor allem Unterricht in der Stadt Zürich, so habe ich ein regelmässiges Einkommen und zahle in meine Pensionskasse ein.»
«Es ist ein Lifestyle»
Zudem hat er seinen eigenen Youtube-Channel «Break it down», der bald 1000 Abonnenten zählt. Dort zeigt er Anfängern und Fortgeschrittenen, wie sie bestimmte Figuren und Abläufe lernen können. «Das war eine langgehegte Idee, die ich während der Corona-Pandemie nun umsetzen konnte.» Geld verdient er damit noch nicht, aber das war bisher auch nicht die Absicht: «Ich wollte der Szene einfach etwas zurückgeben.» Zudem organisiert er seit 2012 in Zürich eine eigene Battle, die Soul Cypher, jeweils Anfang Oktober in der Kanzlei.
Ans Aufhören denkt der gebürtige Thuner noch lange nicht. «Ich mache weiter, solange ich fit und unverletzt bin, denn Breaken ist ein ganzer Lifestyle. Tanzen ist mein Leben und kommt an erster Stelle. Ich will zeigen, was noch alles möglich ist, und so die Grenzen sprengen.»