Es sind Zustände wie im Ghetto: Durch die Ritzen in den Fenstern pfeift der Wind, im Lift kleben die Überreste von Erbrochenem, in den Gängen wird gedealt. Schon vor anderthalb Jahren schreibt der «Beobachter» über die desolaten Zustände der Liegenschaften an der Zürcher Neufrankengasse und an der Magnusstrasse. «Unerträglich» nennen Sozialarbeiter die Situation damals.
Heute Morgen nun reagiert die Polizei. Im Kreis 4 starten Stapo und Kapo eine Grossaktion gegen Mietzins-Wucher. In insgesamt drei Blöcken werden gegen 120 Bewohner aus sozial schwächeren Schichten befragt. Sie leben auf engstem Raum, teilweise funktionieren Wasser-, Strom- und Wärmeversorgung nicht.
In einen Teil der Mietobjekte dringt kaum Tageslicht. In einem Haus existieren die sanitären Anlagen zudem nur in Form von Etagentoiletten – und die sind teilweise kaputt. Für ein Zimmer mit rund 10 bis 20 Quadratmetern verlangt der Vermieter trotzdem über 1000 Franken pro Monat.
«Schon mehrmals versucht, andere Wohnung zu finden»
Im Treppenhaus an der Neufrankengasse 14 stinkt es nach Urin und Fäkalien. «Manchmal muss ich mich übergeben», beschreibt Mieter Ljubisa Grulovic (43) den Aufstieg in den dritten Stock. Die Zustände in der Wohnung des Serben sind unzumutbar: Kein Licht funktioniert, unter dem Waschbecken muss ein Kessel das Wasser auffangen, das WC ist defekt, die Steckdosen kaputt.
Hier lebt man nur, wenn man dazu gezwungen ist. «Ich habe schon mehrmals versucht, eine andere Wohnung zu finden. Aber als Sozialhilfebezüger ist das schwer», sagt Grulovic zu Blick.ch. Seit vier Jahren wohnt er hier. Zu Beginn sei der Vermieter noch öfters aufgetaucht, im vergangenen Jahr sah er ihn nie mehr.
«Alle Wohnungen sehen gleich aus»
Die Wucher-Miete von 1100 Franken kassierte Peter S. Der Investor wurde bereits verhaftet, zusammen mit einer Frau und zwei weiteren Männern im Alter zwischen 39 und 56 Jahren. S. selbst wohnt in luxuriöser Umgebung an der Zürcher Goldküste. Erst im Sommer hat er seiner Liebsten im St. Moritzer Nobelhotel Badrutt’s Palace geheiratet.
Seine Mieter lässt er währenddessen in Löchern hausen. «Wenn man eine der Wohnungen sieht, hat man alle gesehen – der Zustand ist überall gleich schlecht», sagt Grulovic. Er sei froh, dass jetzt die Polizei gekommen sei. «Das kann für uns nur ein Vorteil sein.»