Knatsch um Ausschaffungs-Urteil
SVP-Kantonsrat stellt Richterin auf Facebook bloss

René Truninger (SVP), Gemeinderat in Illnau-Effretikon und Zürcher Kantonsrat, will eine Bürgerin seiner Gemeinde ausgewiesen sehen. Die Italienerin hatte dem Sozialamt einen Nebenerwerb nicht gemeldet. Doch die Richterin wollte die Alleinerziehende nicht ausschaffen.
Publiziert: 27.07.2019 um 16:49 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2019 um 19:27 Uhr
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SVP-Gemeinde- und Kantonsrat René Truninger stellte auf Twitter und Facebook eine SP-Richterin an den Internet-Pranger.
Foto: Zvg

Es geht um 15'000 Franken Einkommen, die eine in Illnau-Effretikon lebende Mutter dem Sozialamt verheimlichte. Stattdessen gab die nebenbei in einem Beautysalon arbeitende Italienerin dem Amt an, sie sei nicht erwerbstätig. Dafür stand sie nun im Juli vor Gericht.

Die Richterin büsste die alleinerziehende Frau mit 2700 Franken, bürdete ihr zudem die Verfahrenskosten auf. Auf einen Landesverweis verzichtete das Gericht jedoch – denn die in der Schweiz aufgewachsene Italienerin ist hier gut verankert, zudem erwartet sie neben dem Kind, das sie bereits hat, noch ein weiteres Baby. Auch wiege die Schuld nur mittelschwer – die 30-Jährige habe «in einer unglaublich schwierigen Situation» gesteckt, so die Richterin. Als Härtefall eingestuft entging die Italienerin so einem fünfjährigen Ländesverweis.

Internet-Pranger, weil Richterin der SP angehört

Dass die Sozialhilfebetrügerin nicht ausgeschafft wird, geht nun dem Effretiker SVP-Gemeinderat René Truninger mächtig gegen den Strich. Deshalb brachte er beim Gericht den Namen der Richterin in Erfahrung. Nachdem er herausgefunden hatte, dass sie ein SP-Mitglied ist, stellte er sie mit vollem Namen auf Facebook und Twitter an den Internet-Pranger, berichtet der Zürcher Oberländer. 

Laut Nau.ch wolle Truninger aber nicht «einen auf Andreas Glarner» machen. Der SVP-Nationalrat hat kürzlich nicht nur einen Namen, sondern auch die Handy-Nummer zu einem ähnlichen Shaming-Post veröffentlicht. «Die Veröffentlichung einer Adresse oder Handy-Nummer ist ein Eingriff in die Privatsphäre und somit tabu», sagt Truninger. 

Der SVP-Gemeinderat will in seiner Gemeinde nun den Sozialhilfebetrugsfall aufarbeiten. Dies mit einem politischen Vorstoss in Illnau-Effretikon und mit dem angeblichen Ziel, weitere Betrugsfälle in Zukunft zu verhindern. (ct)

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