Der renitente Schläger Carlos* (23) beschäftigt seit Jahren die Schweizer Justiz. Zwischen Januar 2017 und Oktober 2018 hat er in verschiedenen Haftanstalten für Unruhe gesorgt. Insgesamt sind 29 Vorfälle mit strafrechtlich relevanten Tatbeständen aktenkundig. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich beim Bezirksgericht Dielsdorf Anklage gegen Carlos erhoben.
Bei den Delikten handelt es sich um versuchte schwere Körperverletzung in einem Fall, um einfache Körperverletzung in zwei Fällen, um Sachbeschädigung in acht Fällen mit einer angeklagten Gesamtsumme von rund 40'000 Franken, um Drohung in drei Fällen, um Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamten in zehn Fällen sowie um Beschimpfung in fünf Fällen, wie die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich in einer Mitteilung schreibt. Die Taten seien gegen Gefängnispersonal, Polizisten und Mitinsassen begangen worden.
Vor sechs Jahren durch Dokumentarfilm bekannt geworden
Nebst den nun zur Anklage gebrachten Sachverhalten sind bei der Zürcher Staatsanwaltschaft noch weitere Verfahren gegen Carlos häufig. Denn nach Oktober 2018 kam es zu weiteren Vorfällen in der Haftanstalt. Wie der zuständige Staatsanwalt Ulrich Krättli gegenüber BLICK bestätigt, kam es auch 2019 wieder zu mehreren Vorfällen. Ob diese in der Haftanstalt Pöschwies stattfanden, will Krättli nicht bestätigen. Er möchte keine Angaben machen, wo Carlos sich derzeit aufhält.
Die Anträge zu Strafen und allfälligen Massnahmen gibt die Staatsanwaltschaft erst an der Gerichtsverhandlung bekannt. Wann genau es zu dieser kommt, ist noch unklar. «Ich denke nicht, dass es vor den Sommerferien zu einer Verhandlung kommt», sagt Krättli. Das Bezirksgericht Dielsdorf wird die Anklage nun prüfen und dann die nächsten Verfahrensschritte einleiten.
«Ein wilder Angriff auf Körper und Kopf»
Im Hauptanklagepunkt wirft der Staatsanwalt Carlos versuchte schwere Körperverletzung vor. Offenbar war das Opfer ein Aufseher der Strafanstalt Pöschwies. «Es war ein wilder Angriff Carlos auf Körper und Kopf des Aufsehers», weiss ein Polizeiinsider. Weder der Staatsanwalt, noch das Zürcher Amt für Justizvollzug will sich zum Geschädigten oder zu den Verletzungen äussern. Staatsanwalt Krättli möchte auch nicht sagen, ob er die ordentliche Verwahrung des notorischen Gewalttäter beantragen will.
Dies wäre aufgrund der einschlägigen Vorstrafen von Carlos - ebenfalls wegen versuchter schwerer Körperverletzung - denkbar. Ob er es beim Antrag bei der «kleinen Verwahrung» belässt, hängt von der Bereitschaft und vom Willen Carlos zu einer Therapie ab. Bislang waren alle diesbezüglichen Versuche an Carlos abgeprallt. Wo der Dauerhäftling momentan einsitzt, ist unklar. Neben einem geschlossenen Knast wäre auch die Psychiatrische Klinik Rheinau eine Option. Der integrierte Hochsicherheitstrakt gilt als sicherster Gefängnisplatz der Schweiz und ist entsprechend teuer: Bis zu 1800 Franken pro Tag.
Der bereits als Jugendlicher wegen verschiedener Gewaltdelikte verurteilte Carlos war im Jahr 2013 durch einen SRF-Dokumentarfilm bekannt geworden. In Zusammenhang mit dem Film kam heraus, dass das «Sondersetting», mit dem der damals 17-jährige Carlos resozialisiert werden sollte, im Monat 29'000 Franken kostete. Zum Sondersetting gehörten unter anderem Thaibox-Training sowie eine Vierzimmer-Wohnung. (dam/nbb/rad)
*Name geändert