Illegale Polizeifotos + Freier-Abzocke + K.-o.-Tropfen + Polizisten im Zwielicht
Der dubioseste Sex-Club der Schweiz

Das Zürcher Etablissement Chilli’s kommt nicht zur Ruhe: Mit dem Handy von Boss Samir Y. wurden sensible Polizeibilder verschickt. BLICK fasst die Ereignisse zusammen und zeigt, weshalb der Club immer wieder für Schlagzeilen sorgt.
Publiziert: 24.11.2017 um 20:14 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2022 um 21:19 Uhr
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Lächeln fürs Geschäft: So präsentiert das Chilli's seine Damen im Internet.
Foto: Facebook
Zürich ZH

Gibt es in den Reihen der Zürcher Polizei einen Verräter? Im Zürcher Rotlichtmilieu herrscht helle Aufregung. Schon seit Wochen kursieren Bilder, die darauf hindeuten: Ein Zürcher Polizist hat einer berüchtigten Langstrassenfigur geheime Informationen aus dem Polizeicomputer zugänglich gemacht. Es wäre nicht das erste Mal, dass einem Polizisten die Nähe zum horizontalen Gewerbe zum Verhängnis wird.

Die Bilder, die in einer Amtsstube aufgenommen wurden, dürften gar nicht existieren. Zu sehen ist ein Polizeicomputer, die Akte eines Delinquenten inklusive Porträtfoto ist gut zu erkennen. Andere durchgesickerte Bilder zeigen ausgedruckte Polizeiakten mit den typischen Polizeifotos: frontal, seitlich, der ganze Körper. Auf dem Tisch steht ein Strafgesetzbuch, im Hintergrund hängen private Bilder. Im Vordergrund ist ein Arm mit Herrenarmbanduhr zu sehen.

Welche Rolle spielt der Chilli’s-Boss?

Die Personen, um die es in den durchgesteckten Akten geht, erzählen Erstaunliches: Die Fotos seien ausgerechnet bei Samir Y.*, dem früheren Boss des berüchtigten Rotlichtlokals Chilli’s, gelandet. Eine der abgebildeten Personen sagt: «Weil ich seit längerer Zeit Streit mit ihm habe, zeigt er überall meine Polizeiakten herum!» Samir ist kein Unbekannter: Nachdem K.-o.-Tropfen-Vorfälle bekannt wurden, landeten mehrere Stadtpolizisten wegen Bestechlichkeit vor dem Kadi.

Mit seinen Kontakten zur Kapo und den Fotos habe Samir Y. richtiggehend herumgeprahlt: «Er droht damit, dass er alles über seine Gegner wisse – und dass die Polizei immer auf seiner Seite sei.» Entweder, so die Theorie der beiden, müsse ein Polizist also bestechlich oder erpressbar sein.

Samir Y. streitet gegenüber BLICK sämtliche Vorwürfe ab. Zwar kenne auch er die Bilder, habe aber nichts damit zu tun. Gegenüber BLICK behauptet er: «Einfach jeder hat diese Fotos bekommen – Hunderte Leute!» Seine umständliche Erklärung: «Eine Frau hat die Fotos während einer Befragung gemacht, während der Polizist nichts gemerkt hat. Die Frau hat die Fotos dann auf mein Handy geschickt. Als ich sie später traf, hat sie die Fotos dann von meinem Handy aus weitergeschickt. Aus Versehen.» Um wen es sich bei der Frau handelt, will er nicht sagen.

Polizist per sofort suspendiert

Fakt ist: Die Staatsanwaltschaft ist auch auf den Fall aufmerksam geworden und ermittelt wegen der möglichen Amtsgeheimnisverletzung. «Wir haben die Ermittlungen aufgenommen und konnten den abgebildeten Arbeitsplatz bereits ausfindig machen. Ob die Person, die dort arbeitet, die Fotos gemacht hat, ist bisher aber noch unklar», sagt die Kommunikationsbeauftragte Corinne Bouvard. Zum Stand der Ermittlungen kann sie ansonsten noch nichts sagen. Aber: Es handle sich um einen Arbeitsplatz bei der Kantonspolizei Zürich.

Dort zeigt man sich schockiert von den Bildern und hat direkt Konsequenzen gezogen. «Der betreffende Mitarbeiter wurde per sofort suspendiert», sagt Werner Schaub, Medienchef der Kapo. Für alles Weitere müsse man die Resultate der Ermittlungen abwarten.

«Es gibt nur eine Polizei-Affäre»

Y. geht nach BLICK-Veröffentlichungen nun in die Gegen-Offensive: «Das Chilli’s ist ein Opfer! Es gibt keine Chilli’s-Affäre, sondern nur eine Polizei-Affäre.» Denn sei Etablissement sorgt immer wieder für unliebsame Schlagzeilen.

Hintergrund: Der Sex-Club bewegt Justiz und Behörden schon seit Jahren, eben gerade wegen der von Y. erwähnten Chilli’s-Affäre. Ende 2013 fand im Lokal eine Razzia statt. Auslöser war, dass sich Freier beklagten, sie seien im Lokal betäubt und ausgeraubt worden.

Bei fünf Polizisten klickten 2013 die Handschellen

Im Zuge dessen wurden fünf Mitarbeiter der Stadtpolizei Zürich verhaftet. Wegen Bestechungsverdacht! Viele Verfahren wurden zwar eingestellt, weil die Beweise fehlten. Das juristische Hickhack dauert aber bis heute an.

Erst Ende Oktober wurde ein 39-jähriger Ex-Drogenfahnder in zweiter Instanz freigesprochen. Obwohl er grosszügige Geschenke und Gratis-Sex von einer Prostituierten erhielt. Laut dem Gericht sei dieses Verhalten zwar «eines Polizisten unwürdig», strafrechtlich lasse sich aber nichts beweisen.

Einen Monat zuvor wurde ein ehemaliger leitender Angestellter der Sittenpolizei im Rahmen der Chilli’s-Affäre verurteilt, weil er interne Infos gegen Sex herausgegeben haben soll. Urteil: Korruption und Amtsgeheimnisverletzung. Der Angeklagte hat Berufung eingelegt.

Sein Urteil akzeptiert hat ein ehemaliger Sittenpolizist, der eine Beziehung mit einer Prostituierten führte – und auch einen Verzeigungsrapport gegen die Dame aus dem Polizeisystem verschwinden lassen wollte. Er kassierte 14 Monate bedingt.

Nächste Woche geht es um Abzock-Vorwürfe

Dazu kommt: Schon am nächsten Mittwoch muss – mal wieder – eine Chilli’s-Dirne vor den Richter. Vorwurf: Sie soll einen Freier gnadenlos abgezockt haben. Das Opfer wollte sich im Sommer 2013 nach einer durchzechten Nacht eine «sexuell motivierte Massage» gönnen, wie es in der Anklageschrift heisst.

Als der Freier den mit der Angeklagten vereinbarten Betrag von 600 Franken mit der Karte zahlte, spionierte die Dirne seinen Code aus. Als der Mann schliesslich seine Hose auszog, stürmten bis zu acht Frauen das Zimmer. Wie sich später herausstellte: ein perfides Ablenkungsmanöver!

Schaden: Knapp 16’000 Franken

Denn als der Mann eine Stunden später seine Hose wieder anhatte, fehlten auf seinem Konto fast 16’000 Franken, die unautorisiert abgebucht wurden. Möglich war das auch, weil das Opfer denselben Code für mehrere Kreditkarten verwendete.

Damit habe sich die Beschuldigte dem «betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage» schuldig gemacht. Die Staatsanwaltschaft fordert für die diebische Dirne eine bedingte Geldstrafe plus einer Busse von 700 Franken.

*Name der Redaktion bekannt

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