Der erste Chindsgi-Tag wäre doch so etwas Schönes! Nicht so für den kleinen Jamie (4) aus Zürich-Schwamendingen: Im Quartier präsentierte sich letzten Montag der Gehweg zu seinem Kindergarten Im Luchsgraben dreckig und zugemüllt. Vor den Abfallcontainern stapelten sich stinkende Züri-Säcke. Manche waren aufgerissen – wohl das Werk von Stadtfüchsen.
Das macht die Eltern stinkhässig! «So etwas ist doch einfach ein Unding», sagt Jamies Papa Nico Oettinger (39).
Das Problem besteht seit Jahren. Sieben von 16 Eltern, deren Sprösslinge im Luchsgraben neu in den Kindergarten kamen, hatten im Vorfeld Protest angemeldet. Sie halten es für unzumutbar, dass ihre Kinder täglich an den Abfallbergen vorbeimüssen – und sich vielleicht gar daran verletzen.
Schule kann nichts tun
«Auch für uns ist das nicht schön», sagt die Schulpflegepräsidentin Barbara Fotsch. «Wir hätten es auch lieber, wenn dort kein Abfall herumliegen würde – allerdings liegt es nicht in unserer Hand.» Denn der Kindergarten ist eingemietet in einer städtischen Wohnsiedlung. Bedeutet: Der Hauswart der Siedlung ist zuständig.
Die Schulpflege wurde im Frühling zum ersten Mal über die Müllberge informiert, so Fotsch. «Wir haben mit der Liegenschaftsverwaltung Kontakt aufgenommen. Sie versucht nun, das Problem zu lösen.» Fotsch betont aber, dass es den Kindergarten am Luchsgraben seit vielen Jahren gebe und er sehr schön gelegen sei. Dort, wo die Kinder spielen, liege kein Abfall herum.
Autos versperren dem Güselwagen den Weg
Vermieter der Kindergarten-Räumlichkeiten ist die städtische Stiftung «Wohnungen für kinderreiche Familien». Diese kennt das Problem und will dagegen vorgehen, was sich aber als schwierig erweist, weil die Müllsünder unbekannt sind. «Littering geht gar nicht und wir verurteilen sehr, dass Leute dort illegal ihren Abfall entsorgen», sagt Geschäftsführerin Sonja Anders.
Beim Fall am Luchsgraben sei es so, dass die dortige Privatstrasse oft zuparkiert sei – so kommt das Kehrichtfahrzeug nicht zu den Containern und muss unverrichteter Dinge wieder wegfahren. Die im Weg stehenden Autos dürfen auch nicht abgeschleppt werden, denn dafür müsste in der Strasse ein allgemeines Parkverbot gelten. Doch ein solches fehlt.
Vermieter sehen es als «übergeordnetes Problem»
«Die Stiftung setzt sich schon lange für ein Parkverbot ein, kann das aber nicht alleine durchsetzen. Dafür müssten alle Anrainer einverstanden sein.» Das ist aber nicht der Fall. Zudem wurde der Einsatz von Kameras abgeklärt, das sei aber nicht möglich.
Auch konsequentes und schnelles Wegräumen sei ein zweischneidiges Schwert, sagt Anders: «Wird alles sofort entsorgt, haben die Müllsünder das Gefühl, das gehöre zum Service public – und machen so weiter.»
Die Stiftung versucht nun, auf übergeordneter Stufe Lösungen gegen Littering zu finden. «Seit zirka einem Jahr meldet beispielsweise der Hauswart jeden Fall dem Amt Entsorgung und Recycling der Stadt Zürich. Dieses versucht herauszufinden, wer die Urheber sind. Gelingt dies, werden sie gebüsst.»
«Stadt lässt uns allein»
Alles Ausreden, meint allerdings Nico Oettinger (39). «Der Abwart hat schon lange resigniert. Auch auf dem Spielplatz lag monatelang derselbe Müll herum.» Er glaubt, die Stiftung wolle einfach kein Geld in die Hand nehmen, um des Problems Herr zu werden. Der Schule stellt der Vater dagegen ein gutes Zeugnis aus: «Sie versucht hier das Möglichste, kommt aber bei der Liegenschaftsverwaltung einfach nicht weiter.»
Die Familien aus der Siedlung hätten nun begonnen, wöchentlich Meldung über die Schwarzentsorgungen zu machen. «Aber uns Eltern und auch der Schule fehlt ein Druckmittel. Die Stadt lässt die Menschen am unteren Rand der Gesellschaft mit diesem Littering einfach alleine.»