Ein Dorf im Ausnahmezustand: Vergangenen Donnerstag fuhren etwa 70 Wohnwagen in die 5300 Einwohner zählende Ortschaft Nürensdorf im Zürcher Unterland und formierten sich in der Landwirtschaftszone zu einem Camp. Es sind Roma. Die meisten reisten aus Frankreich an. Heute feiern sie auf dem Flecken Land eine grosse Hochzeit.
Zum Ärger von Anwohnern wie Bruno Engler (64). «Ich kann in dem Gebiet nicht mehr mit dem Hund spazieren gehen», sagt der Elektromonteur. «Die Waldwege sind übersät mit menschlichen Fäkalien. Überall liegt WC-Papier. Es ist nur noch grusig!»
Das Roma-Lager grenzt an ein Naherholungsgebiet. Engler sagt: «Auch Familien mit Kindern können nicht mehr kommen. Trotz mobiler Toiletten verrichten die Leute ihr Geschäft am Waldrand.»
Engler hat nun Anzeige gegen unbekannt erstattet und gegen die Roma. «Wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses, Hinterlassen von menschlichen Fäkalien sowie Umwelt- und Gewässerverschmutzung», sagt Engler. «Ich frage mich, warum die Behörden nichts unternehmen. Wir werden ja auch für alles sofort gebüsst.» Aber die Fahrenden haben die Behörden kalt erwischt.
Im Gemeindehaus wusste man nichts vom Mietvertrag zwischen dem Besitzer des Landes, dem Bauern Rolf S.* (54), und den Roma. «Die Gemeinde hätte so etwas niemals bewilligt», sagt der SVP-Gemeindepräsident Christof Bösel (48). «Dieses Grundstück in der Landwirtschaftszone ist nicht geeignet für freies Campieren.»
Die Gemeinde wird seit Tagen mit Anrufen eingedeckt. Vor dem Wochenende stellte der Gemeinderat eine kurze Mitteilung auf seine Website. «Wir haben besorgte Bürger, die sich über die gegenwärtige Lage beklagen», sagt Bösel. «Ein Teil ist erbost, andere wiederum zeigen sich nach dem Erklären der Situation verständnisvoll.»
Der Gemeinde sind die Hände gebunden. Bösel argumentiert: «Das Land gehört einem Landwirt. Für uns als Gemeinde gibt es keine Handhabe bei Privatgrundstücken.»
An einer Sitzung legten die Behörden erste Auflagen für die Roma fest. Als Sofortmassnahme stellte die Gemeinde fünf Toi-Toi-WC auf und legte eine Wasserleitung. «Die Fahrenden wurden ermahnt, dass wir keine Umweltverschmutzung tolerieren», sagt Bösel. Im Gegenzug mussten die Roma der Gemeinde eine Kaution entrichten – falls Kosten anfallen. Das Gelände wird regelmässig von der Polizei kontrolliert. Der Mietvertrag mit dem Bauern läuft bis zum 2. August und enthält ebenfalls eine Kaution. «Wir haben insgesamt 17 000 Franken bezahlt», sagt ein Sohn des Roma-Chefs. Davon kassierte Bauer Rolf S. offenbar 5000 Franken als Miete für das Feld. Bestätigen will er das nicht, sagt nur: «Die Roma-Chefs geben sich Mühe, aber es gibt immer Einzelne, die ausscheren. Ich wollte ein Zeichen setzen, aber ein zweites Mal mache ich das nicht mehr.»
Gemeindepräsident Bösel: «Der Bauer hat wohl nicht ganz zu Ende gedacht, jetzt müssen wir die Situation dulden.» Ein angemessenes Verhalten der Roma setze er voraus – und hoffe auf das Wohlwollen der Bevölkerung.