Für Adolf Brack (75), den ehemaligen Hooligan-Experten der Stadtpolizei Zürich, ist typisch, wie die beiden Krawallmacher argumentieren. «Bei der Polizei entlädt sich die Wut, wenn sie sonst keine Gegner haben», sagt er. Er glaubt, dass die Gruppe, die ans Concordia-Basel-Spiel reiste, nach der Rückkehr nach Zürich bereits aufgewühlt und alkoholisiert gewesen sei.
«Sie wollten wohl in Basel prügeln und mussten enttäuscht heimkehren. Als dann die Polizei am See auftauchte, gab es ein paar Hetzer und die Meute schrie ‹jawohl›. Das ist ein Herdentrieb.» Viele der Teilnehmer an solchen Ausschreitungen seien noch sehr jung, oft zwischen 16 und 24 Jahre alt. «Wer einmal heiratet und Kinder hat, zieht sich in der Regel aus der Szene zurück.»
«Zu lange geduldet»
Er beobachtet, dass der harte Kern der gewaltbereiten Jungs stark angewachsen ist. «Früher waren es vielleicht 50 Anführer und ein paar Mitläufer. Heute sind es über 1000», so Brack. Bei denjenigen, die das Sagen hätten, handle es sich dabei um «Profi-Demonstranten». Sie würden die Mitläufer anstacheln, die sich dann in Delikte verstrickten, die ihnen die Zukunft verbauen könnten. Die Anführer hingegen wüssten genau, wie sie davonkommen. «Sie wechseln die Kleider und tauchen dann unter.»
«Früher war es ein harter Kern, man kannte die Leute und konnte mit ihnen reden. Heute läuft das anders. Da sind Ultras, die mit dem Megafon die ganze Kurve koordinieren und die Schäfchen machen mäh.» Darum sei es so wichtig, dass die Polizei die Anführer dingfest mache. «Man hat es zu lange geduldet, dass die so mächtig wurden. Sie sagen heute, wo es langgeht, nicht die Präsidenten der Fussballvereine.»
Lieber Hooligan-Kämpfe als Stadion-Krawalle
Die Entwicklung der Ultra-Szene hält Brack für ein gesellschaftliches Phänomen. «Das wird man nie lösen können. Die Jungs wollen ja die Gewalt, sie suchen sie regelrecht. Sie wollen sich prügeln und finden es einfach geil, dort mitzumachen.» Viele würden gar nicht daran denken, dass sie verhaftet und verurteilt oder schwer verletzt werden könnten. «Bei manchen funktioniert das Hirn nicht mehr, weil sie so viel Adrenalin im Körper haben.»
Für ein anderes Kaliber hält er die Hooligans. Die unterscheiden sich darin, dass sie nicht so sehr am Fussball interessiert sind, sondern sich gezielt zu sogenannten «Wald-Feld-Wiese»-Kämpfen weit ab vom Schuss und unabhängig von der Fussballagenda zum Prügeln verabreden. Das hält er für weniger problematisch, als Krawalle in den und rund um die Stadien. «Die verdreschen sich ja gegenseitig, Unbeteiligte kommen in der Regel keine zu schaden, und Anzeigen gibt es danach auch keine.»
Vorbild Eishockey
Was es von Seiten der Clubs brauche, so Brack, seien Leute, die sich in die Kurve reinwagten und Vertrauen zu den Drahtziehern aufbauen könnten. «Auch die Massnahmen aus dem Eishockeybereich, immer dieselben eigenen Sicherheitsleute für die eigenen Fans einzusetzen, könnte helfen.» Nur leider wollten die Clubs möglichst wenig Geld investieren. Deshalb fordert er: «Die Polizei muss mit aller Härte durchgreifen. Die Krawallmacher dürfen nicht glauben, dass die Polizei Angst vor ihnen hat.»
Die Ausschreitungen vom letzten Samstagabend am Zürcher Seebecken hält er dennoch für einen Einzelfall. «Die Polizei hätte ihn gar nicht verhindern können.» Klar hätten die gewaltbereiten jungen Männer das Auftauchen der Verstärkung als Provokation aufgefasst. Aber, so Brack, nicht hinzugehen wäre keine Option gewesen – denn das Ambulanzteam musste geschützt werden.