Sie erinnern an «Ocean's Eleven». Seit Jahren treibt die Räuberbande Pink Panthers in ganz Europa ihr Unwesen. Auch die Schweiz war mehrfach Ziel ihrer brutalen Verbrechen. Nun stand mit dem Serben Mirko B.* (37) einer von ihnen vor dem Zürcher Bezirksgericht. Sein Urteil: Er muss 14 Jahre ins Gefängnis. 628 Tage hat er davon schon abgesessen. Die Staatsanwaltschaft forderte 16 Jahre, sein Verteidiger zehn Jahre Haft.
Er wurde schuldig des mehrfachen Raubs, mehrfachen Sachbeschädigung, der Fälschung von Ausweisen, der mehrfachen Entwendung zum Gebrauch, Verstössen gegen das Ausländergesetz sowie der mehrfachen Verstössen gegen das Waffengesetz gesprochen.
Zuvor gab es einen Mammut-Prozess. Einerseits wegen des hohen Polizeiaufgebots. Die Angst war gross, dass seine Banden-Mitglieder versuchen ihn rausholen. Andererseits wegen der Anklageschrift. Mirko B. wurde die Beteiligung an neun Raubüberfällen vorgeworfen.
Die Polizisten standen am Morgen vor dem Prozess denn auch in Vollmontur mit Maschinenpistolen vor dem Bezirksgebäude in Zürich. 15 Minuten vor dem Prozess wird der Pink Panther in Begleitung eines ganzen Konvois von Fahrzeugen in den Innenhof gebracht. Grenadiere der Polizei sicherten dabei den gesamten Hof.
Er will seine Familie zusammenhalten
Vor Gericht benimmt sich Mirko B. sehr gesittet: Er tritt respektvoll auf und beantwortet höflich Fragen. Der 37-Jährige trägt eine schwarze Hornbrille und mittellanges schwarzes Haar. Seine Hände und Füsse sind in Handschellen gelegt.
Bei der persönlichen Befragung zeigt sich bereits die Natur der Pink Panther. Es sind keine einsame Wölfe, sondern in die Gesellschaft eingebundene Männer. Mikro B. ist verheiratet und hat zwei Kinder (11 und 4). Er wohnte in Belgrad in einem Haus mit seiner Frau und seinen Schwiegereltern. «Mein Ziel ist es jetzt während der Haft, meine Familie zusammenzuhalten», sagt er. Bis jetzt haben ihn die Kinder in Begleitung seiner Schwester besucht – sonst niemand.
Mit seiner Frau telefoniere er, so oft es geht. Seine Pläne nach der Strafe: Er will mit seiner Familie so weit weg von Serbien wie möglich. Dort habe er keine Zukunft.
Schulden brachten Mirko B. zu Raubüberfällen
Mirko B. gesteht alle ihm vorgeworfene Taten. Auf die Frage, warum er bei den Raubüberfällen mitgemacht habe, antwortet er, es habe alles 2008 begonnen. Er kam aus dem Gefängnis und wollte eine Firma zur Herstellung von Plastiksäcken gründen. Er machte dabei private Schulden. Als Maschinen beim Import an der Grenze festegehalten wurden, machten die Kreditgeber Druck. Sie brachten ihn dazu, beim ersten Überfall in Düsseldorf mitzumachen.
Der Staatsanwalt betont, wie aussergewöhnlich der Fall ist. Der Organisationsgrad der Bande sei ungewöhnlich hoch. «Aufwendige Vorbereitung, professionelle Ausführung.» Ein Überfall dauert normalerweise nur etwa 1,5 Minuten. Besonders kaltschnäuzig findet der Staatsanwalt, dass der Angeklagte zuerst in Zürich-Oerlikon noch zu einer Hochzeit ging, obwohl sein Gesicht bereits bekannt war.
Der Staatsanwalt betont, dass die Angestellten der Juweliergeschäfte Schreckliches durchgemacht hätten. «Sie stehen unter Schock und können das Erlebte nur schwer verarbeiten. Eine Angestellte brauchte eine Psychotherapie, verlor sogar die Stelle und ist bis heute arbeitslos.»
«Mandant tritt ohne Tarnung auf»
Anwalt Ivo Harb, vom Anwaltsbüro Landmann, verteidigt den Pink Panther. Wie er sagt, hat der Beschuldigte ausdrücklich ihn als Verteidiger verlangt. Sein Mandant trete ohne Tarnung auf, das würden nur die Männer zuunterst in der Hierarchie von Pink Panther tun. Und zwar die, die unter Druck mitmachen würden. «Es tut meinem Mandanten aufrichtig leid, was er getan hat.» Mirko B. habe für seine Einsätze im Vergleich der Beute auch nur ein Trinkgeld erhalten.
Es sei nie ein Schuss gefallen, das deutet auf den Einsatz von Imitationswaffen, findet der Anwalt. «Mirko B. war nur ein Handlanger.» Und gerade solche Männer würden oft von der Organisation eingesetzt, weil sie diese nicht richtig kennen würden. Bei der Polizei habe sich Mirko B. aus Angst nicht gemeldet. Denn die Hintermänner seien sehr gefährlich. «Er hatte Angst vor Repressionen gegen seine Familie, wenn er sich stellen würde», sagt Harb in seinem Plädoyer.
Er forderte 10 Jahre Haft für Mirko B.: «Mein Mandant war das Kanonenfutter der Organisation. Nur so lässt sich erklären, dass er ohne Maske auftreten musste.» Die Strafzumessung des Staatsanwaltes sei nach amerikanischen Massstäben vorgenommen worden, nicht nach europäischen. «Darum fordere ich 10, statt der von der Staatsanwaltschaft geforderten 16 Jahre für meinen Mandanten.»
Zum Schluss der Verhandlung hat nochmals Mirko B. das Wort: «Es tut mir alles sehr leid. Und ich wünschte, ich könnte alles rückgängig machen.»
Rund 16 Millionen Beute – alleine in Zürich
Der wohl lukrativste Raubüberfall der Pink Panther Bande war jener auf die Bijouterie Türler an der Zürcher Bahnhofstrasse. Einer seiner Banden-Kollegen marschierte am Morgen des 13. April 2013 ins Geschäfts, Mirko B. folgte ihm kurz darauf und bedrohte eine Verkäuferin mit der Waffe. (BLICK berichtete)
Seine vier mutmasslichen Mittäter erbeuteten in nicht mal drei Minuten Schmuck und Uhren im Wert von 7,2 Millionen Franken. Auf ihrer Flucht rasten sie mit bis zu 70 Stundenkilometer durch Zürichs Fussgängerzonen!
Alleine in Zürich erbeutete die Bande gesamthaft rund 16 Millionen Franken. Der Serbe Mirko B. soll auch an den anderen Raubüberfällen in der Stadt beteiligt gewesen sein. Darunter beim Überfall auf die Bijouterie Gübelin im Mai 2010 (Beute von 5,5 Mio. Franken) sowie auf den Schmuck-Grosshandel Harry Hofmann an der Zürcher Rämistrasse im Februar 2016 (Beute 3,4 Mio. Franken).
Laut Anklageschrift soll Mirko B. an insgesamt neun Raubüberfällen beteiligt gewesen sein. Der Serbe jettete wortwörtlich durch Europa, um seine Spuren zu verwischen, als er zu Bijouterien und anderen Geschäften nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz fuhr.
Im März 2016 überquerte er die schweizerisch-österreichische Grenze bei Au SG und wurde prompt verhaftet. Verraten hatte ihn der gefälschte litauische Führerschein. Insgesamt drei falsche Identitäten, darunter auch eine slowenische, wurden ihm nachgewiesen.
Angebliche Schulden brachten im Jahr 2008 den damals 26-jährigen Mirko B. in die Hände der Verbrecherbande. Ein anderer Serbe soll ihm den ersten Raubüberfall in Düsseldorf «angeboten» haben. Es kam, wie es kommen musste: Aus einem wurden mehrere Jobs. (pma/mcb/nbb)
* Name geändert