Gericht verbietet Mutter Einsicht in KESB-Akten
Sohn (23) wehrt sich gegen Helikopter-Mama

Mutterliebe versus Eigeninteresse: Ein 23-Jähriger möchte nicht, dass sich seine Mutter in sein KESB-Verfahren einmischt. Das Zürcher Obergericht stützt ihn dabei und untersagt ihr die Akteneinsicht.
Publiziert: 20.11.2017 um 07:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:25 Uhr

Sowohl die Mutter als auch die Tante des jungen Mannes sowie eine Drittperson reichten jeweils eine Gefährdungsmeldung bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ein: Er vernachlässige seine Hygiene und finanziellen Angelegenheiten, konsumiere Drogen, sei aggressiv, nicht kooperativ und sehe nicht ein, dass er Hilfe brauche.

Der Mann selbst machte geltend, er werde von Depressionen und Antriebslosigkeit geplagt, vernachlässige seine Korrespondenz und die bürgerlichen Verpflichtungen, kurz: Er sei mit dem «Papierkrieg» überfordert. Er wollte deshalb von der KESB einen Beistand, den er auch bekam.

Ausserdem wollte er bei seiner Mutter aus- und in eine eigene Wohnung einziehen – was er kürzlich tat – und arbeiten. Noch viel wichtiger aber war ihm, dass seine Mutter nicht über das KESB-Verfahren informiert wird und allenfalls Einfluss nimmt.

Mutter wollte Beistände überprüfen

Damit war die Mutter nicht einverstanden. Sie forderte unter anderem, dass ihr Sohn bei der Sozialbehörde angemeldet wird, der Beistand ihm eine Wohnung sucht und die Notwendigkeit des betreuten Wohnens - was der Sohn nicht will – abklärt. Ausserdem wollte sie Akteneinsicht.

Denn ohne Akteneinsicht und nur mit dem unzureichend begründeten KESB-Entscheid könne sie nicht prüfen, ob der Beistand seine Aufgabe erfülle.

Da sie bislang bei sämtlichen Instanzen vergeblich intervenierte, gelangte sie ans Zürcher Obergericht. Dort machte sie geltend, die Akteneinsicht und die Verfahrenslegitimation – die KESB verweigerte ihr diese mit Hinweis auf das Amtsgeheimnis – seien ihr zu Unrecht verweigert worden.

Doch auch das Obergericht wies ihre Beschwerde ab und verneinte ihre Verfahrenslegitimation und damit die Akteneinsicht, wie aus dem kürzlich veröffentlichten Urteil hervorgeht. Es stützte damit die Vorinstanzen und schützte die Interessen des Sohnes.

Vertrauensverhältnis hätte gestört werden können

Gerade bei Personen, die sich sehr nahe stehen, muss es laut Obergericht einer betroffenen Person möglich sein, die Einflussnahme einer bestimmten nahestehenden Person zu verhindern, «zumal die Verfahrenslegitimation mit dem Recht auf Akteneinsicht verbunden ist».

Das Obergericht glaubt, dass das anzustrebende Vertrauensverhältnis zwischen dem Sohn, dem Beistand und weiteren Personen wie Ärzten belastet wird, wenn er befürchten muss, dass ihm nahestehende Personen sich auch gegen seinen Willen ins Verfahren einmischen und die Akten sehen können. Vor allem auch, da diese allenfalls intime Details enthalten.

Für das Obergericht ist deshalb klar, dass die Einflussnahme ins Verfahren durch eine nahestehende Person nicht als im Interesse der betroffenen Person betrachtet werden kann, wenn diese «die Einmischung ausdrücklich ablehnt». Daher verneinte es die Verfahrenslegitimation der Mutter und damit auch die Akteneinsicht. (SDA)

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