Halten Sie Abstand! Keine Berührungen! Küssen schon gar nicht! Um die Schwachen zu schonen, hat Bundesrat Alain Berset (47) zum «Social distancing» aufgerufen.
Gewiss: Zum Schutz von besonders Gefährdeten ist das vernünftig. Doch der Gesundheitsminister steuert uns gerade – äusserst souverän – in eine Ära der individuellen Abkapselung. Aus Solidarität, wie Daniel Koch (64) betont, der oberste Corona-Jäger des Bundes.
Dunkle Signale in einer zunehmend digitalisierten Welt! Schon heute bestimmen Algorithmen darüber, wie die Leute einkaufen, Ferien machen, abstimmen und ihre Partner finden. Das Privatleben spielt sich in den sozialen Medien ab. Man kommuniziert via Skype. Die Existenz verwandelt sich in binäre Codes.
Werden wir dereinst auf einen nackten Datensatz reduziert – kalt, aber keimfrei? Sind wir alle bald Replikanten, jene künstlichen Wesen, wie sie der Regisseur Ridley Scott 1982 im Filmklassiker «Blade Runner» zeigte?
Rebellen im Zürcher Opernhaus
Noch gibt es einzelne Nester des Widerstands gegen den staatlichen Appell. Am Freitagabend versammelten sich Hunderte tollkühner Rebellen im Zürcher Opernhaus: Brot und Spiele statt Computer und Cocooning!
Auf dem Programm stand das Ballett «Nussknacker und Mausekönig». Ungeachtet der Empfehlung des Kulturtempels an ältere Gäste, bitte zu Hause zu bleiben, trotz des behördlichen Ratschlags, Anlässe mit mehr als 150 Personen zu unterlassen, strömten auch etliche Senioren tapfer herbei. Tschaikowski zur Corona-Krise – nobel geht die Welt zugrunde.
«I want more life, fucker!», sagt Replikant Roy Batty im Film «Blade Runner» (1982) zu seinem Erschaffer.
Auch die Opernhausbesucher wollen mehr Leben in diesen Tagen des Untergangs – das Ballett als Huldigung des Körperlichen in anorganischen Zeiten.
Um Punkt 19 Uhr verstummt die Menge. Die vor den Aufführungen übliche Husterei unterbleibt.
Im Keim erstickt
Dann der Schock. Statt Zinnsoldaten und Zuckerfee betritt jemand vom Backoffice die Bühne: «Wir haben einen Corona-Verdacht bei den Tänzern. Die Vorstellung ist abgesagt!» Ein Raunen rollt durch die Menge. Die Corona-Guerilla ist perplex: Da hat man sich zur konspirativen Anti-Viren-Party versammelt – nun ist sie im Keim erstickt!
Irgendwann wird die Fassungslosigkeit von einem anschwellenden, kräftigen Applaus übertönt. Schliesslich erhebt man sich und strömt in Richtung Garderobe.
Manche sind eindeutig sauer. «Eine Schweinerei! Wieso sagen die das nicht früher?», meint ein Herr vom Typ pensionierter Treuhänder mit seiner aufgebrezelten Frau an der Seite. Andere nehmens mit Humor. Das Geld wird ja zurückerstattet.
Übrigens: «Blade Runner» spielt im November 2019. Im Dezember traten in China die ersten Fälle von Sars-CoV-2 auf.
Im Film gibt es ein Happy End.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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