Ein Polizeieinsatz am Rand einer unbewilligten Demo gegen den christlich-konservativen «Marsch fürs Läbe» in Zürich am Samstag wirft Fragen auf. Den ganzen Nachmittag über lieferten sich Gewaltbereite und die Polizei ein Katz-und-Maus-Spiel (BLICK berichtete). Kurz vor 16 Uhr schien es so, als habe sich die Situation beruhigt. Mehrere Hundert Linksautonome versammelten sich auf der Josefwiese, wo auch Familien mit ihren Kindern spielten.
Plötzlich kam Hektik auf. Mehrere Polizisten marschierten in die schmale Neugasse, die entlang des Spielplatzes verläuft. Das liessen sich Gewaltbereite nicht bieten – es kam zur Eskalation: Die Polizei schoss mit Gummischrot, die Krawallanten mit Kies. Polizisten in Zivil griffen zu Pfefferspray, Tränengas-Schwaden machten sich auf dem Spielplatz breit.
Gleich mehrere Mütter und Väter mussten ihre Kinder packen und davonrennen. Augenzeugen bestätigen Beobachtungen von Reportern: Vom Reizstoff wurden auch Kinder getroffen! Eine Mutter meldete sich am Abend beim BLICK: «Meine zwei Kinder waren dem Tränengas ausgesetzt, sie litten am Abend noch darunter!»
Tränengas-Schwade «vom Wind auf Spielplatz geweht»
War der Einsatz verhältnismässig oder schlug die Polizei mit ihrem Einsatz über die Stränge? BLICK sprach mit dem Stadtpolizeisprecher Marco Cortesi. Er bestätigt, dass man beim Viadukt auf Höhe Geroldrampe zum Tränengas griff: «Wenn die Schwaden vom Wind auf den Spielplatz geweht wurden, dann sind wir dafür verantwortlich und wir bedauern das.»
Fotos zeigen, dass auf dem Spielplatz Rauchgas-Kapseln geworfen wurden. Cortesi dementiert, dass Tränengas-Geschosse beim Spielplatz zum Einsatz kamen. Man habe lediglich Pfefferspray gezielt gegen eine Person angewendet, so der Polizeisprecher.
Am späten Sonntagnachmittag korrigierte man den Wortlaut: Wenn es zum Tränengas-Einsatz kam, dann sei das «nicht Absicht» gewesen.
Die Polizei habe sich der Josefwiese genähert, weil diverse Sachbeschädigungen begangen und gar die Feuerwehr angegriffen worden sei. Man habe den Weg über die Neugasse beim Spielplatz deshalb gewählt, weil die Angriffe «aus dieser Ecke der Wiese» kamen. Cortesi betont: «Wenn unsere Leute mit einer derartigen Gewalt angegriffen werden, dann müssen sie sich zur Wehr setzen können.»
Stadtpolizei wird Einsatz aufarbeiten
Was am Ende blieb, waren zwei leicht verletzte Polizisten und mehrere Demonstranten und Kinder, die sich die Augen auswaschen mussten. Bei der Stadtpolizei habe sich bislang niemand gemeldet, der vom Tränengas- oder Pfefferspray-Einsatz getroffen wurde.
Klar ist: Die Stadtpolizei wird über die Bücher gehen. Bei der Nachbearbeitung des Einsatzes auf der Josefwiese werde man sich fragen, was man anders oder besser hätte machen können, so Polizeisprecher Cortesi. (pma)