Ein Sugarbaby erzählt von Lust und Ekel
«Ich musste mich vor dem Sex betrinken»

Es fing alles mit einem Scherz in einem Club an. Dann wurde die Zürcher Studentin Laura S. zum Sugarbaby. Schlimm findet sie das nicht.
Publiziert: 31.12.2017 um 15:46 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:33 Uhr
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Diese mobile Plakatwand parkte dieser Tage vor Schweizer Hochschulen.
Foto: Markus Senn
Sven Forster

Seit einem Jahr studiert Laura S.* an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Die hübsche 22-Jährige hat einen Job. Wie die meisten Studenten. Sie arbeitet im Servicebereich. Doch ein zweiter Nebenjob, ein ungewöhnlicher, kommt hinzu: Laura S. hat bezahlte Affären mit reichen älteren Männern. Begonnen hat sie damit, kurz nachdem die Beziehung zu ihrem Freund in die Brüche ging.

Es war in einem Club. Laura S. war betrunken, ihr Portemonnaie leer. «Ein 18-Jähriger tanzte mich an und fragte, wie viel ich koste.» Er sei nicht ihr Typ gewesen und doch antwortet sie – aus Spass, wie sie betont: «300 Franken.» Er verschwand für einen Moment, kam zurück auf die Tanzfläche und wedelte mit Scheinen. «Wir gingen aus dem Club, suchten eine ruhige Ecke und hatten Sex. Das dauerte höchstens zehn Minuten.» Die Stimme der jungen Frau klingt aufgeregt. Am nächsten Morgen war sie sicher, geträumt zu haben. Die Banknoten sprachen eine andere Sprache.

S. sagt, sie habe sich an den Computer gesetzt und eine Sugardating-Seite gefunden, auf der wohlhabende ältere Männer («Sugardaddys») eine junge Frau («Sugarbaby») suchen. Bezahlt wird bar, mit Geschenken oder durch einen luxuriösem Lebensstil. Laura S. gab ihr Profil in den Computer ein: «Ich fand ältere Männer schon immer attraktiver und konnte mir da­rum gut vorstellen, ein Sugarbaby zu werden.»

Sie meldete sich auf einschlägigen Plattformen an, auch auf Tinder, und erhielt rasch sehr viele Anfragen. Es gab Wochen, in denen die Studentin jeden Abend ein Date hatte. Zu mehr kam es allerdings nur mit drei Computerbekanntschaften, zwischen 40 und 60 Jahre alt. «Einer der Männer war ein Geschäftsführer, der andere ein Banker im höheren Bereich», sagt sie. In ihrer Stimme klingt so etwas wie Stolz mit.

Sie liebt den Luxus

Beim Sugardating gehe es nicht nur ums Geld, stellt sie sofort klar. Sonst könnte sie ja auch in einem Bordell arbeiten. Sie werde eben gern zum Essen oder in die Ferien eingeladen, zum Trip nach Berlin, Madrid und Genf oder auf eine Nacht in einem Wellnesshotel. Die 22-Jährige liebt den Luxus. «Man gewöhnt sich daran.» Früher habe sie Menschen mit viel Geld doof gefunden. «Nun bin ich in diese Welt gerutscht und habe gemerkt, dass es mir sehr zusagt. Ich kann nicht mehr anders.»

Die Studentin verschweigt jedoch nicht, dass ihr Leben als Sugar­baby auch Schattenseiten hat. So wollte einer der drei Männer nur Sex von ihr. «Diesen Typen fand ich nervig und abstossend.» Doch er versprach, sehr gut zu zahlen. Und Laura S. dachte: «Das schaffe ich schon.»

Um es zu «schaffen», trank sie vor den Treffen Alkohol. «Das steigert meine Lust.» Doch der Sex blieb schlecht. Die Studentin tat so, als ob es ihr gefalle. Doch irgendwann spürte der Sugardaddy, dass Laura kein echtes Interesse an ihm hatte und beendete die Beziehung. Kurios sei auch gewesen, dass der Mann für ihre Sex-Dienstleistungen nie direkt zahlte. Stattdessen versteckte er das Geld in ihrer Wohnung. Die bisher längste Affäre endete vor kurzer Zeit. Sie dauerte acht Monate. Der Mann war verheiratet, hatte Kinder und lebte ebenfalls in Zürich. «Wir redeten nie über seine Familie. Aber ich hatte ein schlechtes Gewissen.»

«Dann ist das halt so»

Für Laura wäre es das Schlimmste, wenn ihr zukünftiger Mann sie betrügen würde. Trotzdem habe sie die Beziehung voll ausgelebt. Um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, sagt sie sich: «Wenn es seine Ehefrau nicht schafft, ihn zu befriedigen, ist das halt so.»

In ihrem Umfeld wissen einige Leute von ihrem ungewöhnlichen Nebenjob. «Die Meinungen gehen auseinander.» Die blonde Studentin ist sich bewusst, dass sie mit dem Sugardating eine Form von Prostitution betreibt. Schlimm findet sie das nicht. Wichtig sei, den Männern nicht das Gefühl zu geben, dass es ihr nur ums Geld gehe. Das falle ihr leicht: «Sex ist mir wichtig.» Und sie habe schliesslich auch Spass.

Von ihren Einkünften als Sugarbabe konnte Laura S. bisher nicht viel auf die Seite legen. Geblieben sind ihr eine teure Uhr und eine Hand­tasche, die sie zum Geburtstag bekommen hat. Aktuell ist Laura ohne ­älteren Begleiter unterwegs. Aber sie ist auf der Suche. Denn ohne Sugardaddy gibt es keinen Luxus – und ohne Luxus geht in ihrem Leben mittlerweile nichts mehr.

* Name d. Red. bekannt

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