Die Taktik der Brillen-Königin Nicole Diem vor Gericht
Sie sieht nichts ein

... und sie war nicht mal Optikerin. Der einstigen Brillen-Queen Nicole Diem droht eine elfmonatige Gefängnisstrafe. Bereits zwei Vorstrafen hat sie auf dem Kerbholz. Reue zeigt sie aber nicht.
Publiziert: 09.05.2017 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:13 Uhr
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Nicole Diem lacht höchstens noch auf ihrem Geschäftsauto.
Foto: Siggi Bucher
Bastian Heiniger

Die schillernde Brillen-Queen ist verblasst. Ihre knallrote Brille hat Nicole Diem (63) auf ihre Gerichtsunterlagen gelegt. Es gehe ihr nicht gut, sagt sie den Tränen nahe im Bezirksgericht Horgen ZH, und nimmt ein Nastuch aus der Tasche.

Der einst erfolgreichen Optikerin fehlte der Durchblick als Geschäftsfrau. Zwar eröffnete sie mit 20 ihre erste Filiale, brachte sich das Handwerk selber bei und erhielt 2006 den Schweizer Innovationspreis. Allerdings war da ihr Unternehmen bereits pleite (BLICK berichtete). Nun droht ihr eine elfmonatige Gefängnisstrafe, unbedingt.

Laut Zürcher Staatsanwaltschaft soll sie die Bilanzen frisiert und ihre Gläubiger geschädigt haben. Auch die Verpflichtungen als Verwaltungsrätin habe sie nicht erfüllt. Die Anklageschrift erstreckt sich auf 18 Seiten.

Schuld seien die Berater

So liess Diem etwa die Sanierung ihrer Firma schleifen, bis sie 2012 schliesslich Konkurs anmelden musste. Mit einer Auffanggesellschaft kaufte sie allein das Mobiliar ihres Geschäfts für 46'000 Franken – obwohl dieses ein Tag zuvor mit über 900'000 Franken bilanziert war.

«Das hat mir meine Beratungsfirma so vorgeschlagen», verteidigte sich Diem. «Ich habe immer alles getan, um meine Firma zu retten.» Von Einsicht keine Spur.

Dabei wurde sie schon 2006 verurteilt wegen Steuerbetrug, Urkundenfälschung und grober Verkehrsverletzung. Fünf Jahre später folgte die nächste Verurteilung. Wieder wegen Steuerbetrug und Urkundenfälschung.

Frühere Bewunderer distanzieren sich. «Die schwerwiegenden Vorwürfe waren mir bis heute unbekannt», sagt die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala (60), die Diem einst als erfolgreiche Unternehmerin gepriesen hatte. «Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, würde ich es auch deshalb bedauern, weil es nicht viele erfolgreiche Unternehmerinnen in der Schweiz gibt.»

Heute ist sie auf die Rente ihrer Mutter angewiesen

Von Diems einstigem Brillenimperium mit Filialen in Zürich und Basel sind heute noch drei Geschäfte übrig. Einst zahlte sie sich einen Lohn von monatlich bis zu 20'000 Franken aus – so viel bleibt ihr heute noch fürs ganze Jahr. «Ich lebe bescheiden», sagt sie. «Ich schlafe schlecht und besuche einen Psychiater», dann verstummt ihre Stimme. Damit Diem über die Runde kommt, hilft auch die Rente ihrer Mutter.

Ihr Verteidiger, der blinde Anwalt Paul Baumgartner, pocht auf eine bedingte Strafe – so müsste Diem nicht ins Gefängnis. Zwar gibt sie sich gebrechlich, zeigt aber keine Reue. Schuld sind immer andere: die Buchhalter, die Berater, die Bank. Das Urteil fällt nächsten Dienstag. 

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