EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verlangt die ewige Sommerzeit. Und zwar schnell.
Der Vorstoss auf höchster Ebene sorgt in einem Kuhstall von Hinwil ZH für Genugtuung. Denn die Bauern Walter und Erich Feurer wussten schon immer: Die halbjährliche Zeitumstellung ist ein Mist. Nun scheint es endlich auch der Rest Europas verstanden zu haben.
Drehen wir die Uhr zurück – um 41 Jahre: Probe beim Züri-Oberländer Theaterverein. Neben den Jungbauern Ruedi Wettstein, Peter Meister und Ueli Kamm sind auch die Brüder Feurer dabei: Theaterspielen ist ihre Leidenschaft. Die Proben sind in Gefahr.
Das Parlament hat soeben die Sommerzeit beschlossen – was den Tagesablauf der Bauern durcheinanderbringt. Schneiden sie morgens wie immer Gras für ihre Kühe, würde es länger zum Trocknen brauchen, weil die Sonne eine Stunde später ihren Höchststand erreicht. Sie müssten also länger arbeiten – und weniger Theater spielen.
Volksabstimmung gewonnen
Das wollen die fünf Bauern nicht. Sie ergreifen das Referendum gegen die Sommerzeit. Die Unterschriften haben sie rasch beisammen, die Volksabstimmung gewinnen sie. Erich Feurer, heute 73 Jahre: «Ich war stolz, in einem Land zu leben, in dem vier Leute so etwas bewirken können!»
Als Europa erstmals auf Sommerzeit wechselt, ticken die Uhren in der Schweiz ganz normal weiter, das Land ist zur Zeitinsel geworden. Und das ist ein Problem – vor allem für die SBB. Schon ein Jahr später kippte der Bundesrat den Entscheid wieder.
Ein zweites Mal das Referendum ergreifen, dafür hatten die Bauern keine Zeit. Wettstein bereut allerdings, es nicht nochmals versucht zu haben.
Überhaupt bleibt der Bauer skeptisch: Er will erst an das Ende der Zeitumstellung glauben, wenn sie wirklich da ist. Falls es irgendwann so weit sei, trinke er vielleicht ein Glas Wein auf die um vier Jahrzehnte verspätete Genugtuung, recht behalten zu haben.
Die Winterzeit ist die normale
Wie auch immer – ein Wermutstropfen bleibt: Es müsste die ewige Winterzeit sein, finden die Brüder Feurer. Nicht die ewige Sommerzeit, wie Juncker sie nun will. Die Winterzeit sei die normale und damit die natürlich Zeit. Wer weiss, vielleicht sollte man auf die pensionierten Landwirte hören. Schliesslich wäre es nicht das erste Mal, dass sie recht haben.
Damals hat die Sommerzeit dann übrigens doch nicht das Ende der Schauspielerei bewirkt. Den Theaterverein gibt es heute noch. Walter Feurer ist Ehrenpräsident.
Zwanzig Theaterstücke hat er für seine Truppe geschrieben. Alle seien ein Erfolg gewesen und von Theatervereinen im ganzen Land gespielt worden.
Auf der Bühne stehen die fünf Bauern trotzdem kaum noch. Aber weiterhin im Stall.