Der seltsame Besuch des Box-Champions in Zürich
Ali mitenand!

1971 kam Muhammad Ali nach Zürich. Für einen kurzen Aufenthalt und einen kurzen Kampf. Jetzt werden die Fotos davon veröffentlicht.
Publiziert: 08.12.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 04:50 Uhr
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Grösster Boxer aller Zeiten: Muhammad Ali im Dezember 1971 an der Zürcher Langstrasse.
Foto: Eric Baumann
Von Thomas Ley

Es begann mit einer Wette. Und einem BLICK-Reporter. Jack Stark, People-Redaktor dieser Zeitung, wettete mit dem Zürcher Show-Promoter Hansruedi Jaggi um eine Flasche Ballantine’s: Dass Jaggi es nicht schaffen würde, den damals schon grössten Boxer aller Zeiten nach Zürich zu holen: Muhammad Ali.

Das war 1971, und der Reporter musste damit rechnen, die Flasche zu verlieren. Denn Jaggi war zwar ein eigenwilliger Typ, aber immerhin hatte der ehemalige Lampenverkäufer vier Jahre zuvor das wohl berühmteste Rockkonzert auf Schweizer Boden organisiert: den legendären Auftritt der Rolling Stones im Zürcher Hallenstadion, der in einer Saal- und Strassenschlacht endete.

Auch Jimi Hendrix holte Jaggi 1968 nach Zürich. Also warum nicht Ali? Schliesslich war der als Cassius Clay geborene Boxer in jenen Jahren nicht vom Glück verfolgt. Weil er den Dienst in Vietnam verweigert hatte, liess man ihn bis 1971 nicht auftreten – und mit der Kampfsperre verlor er auch den Weltmeistertitel.

Teurer Coup

Und doch musste Jaggi dreimal in die USA fliegen. Die Nation of Islam, zu der Ali sich inzwischen zählte, verhandelte hart. Es brauchte die Vermittlung von Rock Brynner, Sohn von Yul Brynner, dem Hollywood-Star mit Schweizer Wurzeln.

Aber der Coup würde teuer werden: 300 000 Dollar Gage verlangte der Ali-Clan, nach damaligem Kurs eine Million Franken. Dagegen waren die 50 000 Franken Miete fürs Hallenstadion ein Klacks. Termin für den Kampf: Stefanstag 1971.

Dumm nur, dass keiner Alis Gegner kannte. Jaggi hatte einen gewissen Jürgen Blin engagiert, eine regionale Grösse der deutschen Boxwelt. Blin erwies sich als Gift auf dem Fernsehmarkt. Keine US-Fernsehstation wollte den Kampf zeigen. Nur der englische Privatsender ITV schlug zu, für gerade einmal 11 000 Dollar.

«Blin, leg dich hin»

Auch die Schweizer rannten Jaggi nicht eben die Bude ein. Die 6361 Eintritte füllten das Hallenstadion nur zur Hälfte. Obwohl, Ansager war ein nationaler Fernsehstar: Mäni Weber. Der den Kampf in stotterndem Englisch einführte. Was folgte, schrieb keine Sportgeschichte. Ali hatte zuvor auf Deutsch gewitzelt: «Jürgen Blin, leg dich hin.» In der siebten Runde war es dann so weit: Der Deutsche brach zusammen.

Was ist geblieben von Alis zehn Tagen in der Schweiz? Zum einen ein Film von Ernst Bertschi. Er hatte Tag und Nacht Zugang zu Familie Ali und zeigte, so der seltsame Titel, den «besten Papi in der ganzen Welt».

Der Film gilt heute als verschollen. Erhalten sind dagegen die vielen Fotos von Eric Bachmann, der Ali, dessen Entourage und Filmer Bertschi ebenfalls begleitete. Auf den winterlichen Uetliberg zum Joggen, an die Langstrasse zum Schuhe- und Kleiderkauf oder ins Limmathaus zum öffent­lichen Training.

Bachmanns Bilder werden heute in einem Band der Edition Patrick Frey veröffentlicht. Schlichter Titel: «Muhammad Ali, Zürich, 26.12.1971».

Veranstalter Jaggi gewann also die Flasche Ballantine’s – aber die Veranstaltung wurde ein 800 000-Franken-Verlustgeschäft. Der deutsche Industrielle Bernhard Grohe deckte das Defizit. Und die Geschichte deckte den Mantel des Vergessens über diesen seltsamen Besuch einer historischen Figur.

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