Um 14.20 Uhr sprach Daniel H. sie an
Der Fall Lucie im Minutenprotokoll

Am 4. März 2009 ermordet der arbeitslose Koch Daniel H.* (†40) das Au-pair Lucie Trezzini (†16). Die schockierenden Details offenbarte die Anklageschrift.
Publiziert: 22.12.2023 um 14:25 Uhr
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Aktualisiert: 23.12.2023 um 16:57 Uhr
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Daniel H. tötete ...

Am 4. März 2009 ermordet der arbeitslose Koch Daniel H.* (†40) das Au-pair Lucie Trezzini (†16) in seiner Wohnung in Rieden bei Baden AG. Der Täter kassierte wegen Mordes eine lebenslängliche Freiheitsstrafe und die ordentliche Verwahrung. Trotz Berufung wurde die Verwahrung schliesslich rechtskräftig.

Blick zeigt das Mord-Protokoll der Anklageschrift aus dem Jahr 2012.

Mindestens 110 junge Frauen spricht Daniel H. in den zwei Monaten vor der Bluttat an. Er gibt sich als Model-Scout aus, faselt von Fotoaufnahmen für Schmuck – und lässt sich anhimmeln.

Mittwoch, 4. März 2009

Daniel H. ist in Zürich. An der Langstrasse kauft er sich 4 Gramm Koks, auf dem Rückweg zum Bahnhof dröhnt er sich mit 0,5 Gramm zu. Seine Phantasien, Mädchen anzusprechen, kommen wieder auf.

Um 14.20 Uhr sieht er beim Hauptbahnhof Lucie, spricht sie an. Er lügt ihr vor, dass in Baden eine Schmuckvorführung stattfindet und sie schnell 500 Franken verdienen kann. Um glaubhaft zu wirken, notiert er ihre Körpermasse auf einem Zettel.

Lucie vertraut ihm, willigt ein. Um 16.37 Uhr kommen sie in Baden AG an. Sie gehen in die Wohnung in Rieden. Dort trinkt Daniel H. zwei Bier, konsumiert mehr Kokain. Lucie sitzt auf dem Bett und trinkt einen Sirup.

Über eine Stunde gibt er dem Au-pair vor, es folge gleich ein Foto-Shooting. Daniel H. spielt den Profi: Er platziert eine Lampe vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer, notiert nochmals ihre Körpermasse. Wechselt die Kleidung für das Shooting. Fixiert ein schwarzes Leintuch auf dem Bett, das als Hintergrund geeignet für die Fotos sei.

17.49 Uhr: Lucie telefoniert mit einer Freundin. Sie ahnt nicht: Daniel H. ringt mit sich selbst, ob er sie umbringen soll oder nicht. Er ist verzweifelt: Hat Probleme mit seiner Freundin, ist arbeitslos. Am liebsten würde der vorbestrafte Gewalttäter zurück in den Knast. Sexuelle Absichten streitet er später ab.

Sein Entscheid ist Lucies Todesurteil. Im Büro holt er eine Hantelstange, versteckt sie hinter dem Rücken. Als Lucie aufsteht und ihn anschaut, schlägt Daniel H. mit voller Wucht mehrmals brutal zu. Er hört erst auf, als Lucie reglos auf dem Rücken am Boden liegt. Der Koch geht in die Küche, holt ein Tranchiermesser und schlitzt Lucie mit mehreren tiefen Sägeschnitten die Kehle auf. Nur um sicherzugehen.

Dann versucht Daniel H. mit Bettzeug, Kissen oder Frottétüchern die Blutung an Lucies Hals zu stoppen. «Mit strangulierender oder komprimierender Wirkung», heisst es in der Anklage. Es gelingt ihm nicht.

18.50 Uhr: Daniel H. verlässt die Wohnung. Er will seine Eltern noch einmal in Freiheit besuchen. Zuvor versorgt er die Hantelstange und das Messer.

22 Uhr: Daniel H. ist wieder zurück in seiner Wohnung, telefoniert mit seiner Freundin und einem Bekannten. Er trinkt eine Flasche Martini, die er auf dem Rückweg gekauft hat, isst ein Sandwich. Dann geht er schlafen. Neben ihm auf dem Boden liegt Lucies Leiche.

Donnerstag, 5. März

Daniel H. kauft sich im Nachbardorf zwei Flaschen Weisswein, betrinkt sich und beginnt den Tatort und Lucies Leiche zu reinigen. 

In der Küche macht er an der Leiche mit Tüchern «eine Grobreinigung», so die Anklage. Schleppt Lucie ins Badezimmer und zieht sie aus. Er hievt sie in die Dusche, wäscht sie weiter. Um die Blutung zu stoppen, zieht er der Toten einen Strumpf über den Kopf. Später geht er zu seiner Freundin nach Küsnacht ZH. Bis zu seiner Verhaftung schläft er dort.

Freitag, 6. März

Daniel H. kommt zurück in seine Wohnung. Vier Stunden räumt er weiter auf, putzt. Versucht erfolglos im Schlafzimmer die Blutspuren auf dem Teppich und an den Wänden zu beseitigen.

Sonntag, 8. März

Die Polizei kommt Daniel H. auf die Schliche und schreibt ihn zur Verhaftung aus. Er hat sich verraten, weil er mit dem Handy der toten Lucie telefonierte.

Montag, 9. März

Daniel H. stellt sich der Stadtpolizei Zürich.

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