Foto: Agir

«Der Chef weiss, wie abfiggen geht»
Mitarbeitermagazin oder Sex-Heftli?

Das Mitarbeitermagazin der Zürcher Baufirma Agir AG ist voller nackter Haut und schlüpfriger Sprüche. Doch damit nicht genug: Auch Mitarbeiterinnen werden darin blossgestellt.
Publiziert: 30.06.2018 um 14:28 Uhr
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Aktualisiert: 09.11.2018 um 09:46 Uhr
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So kommt das Agir-Mitarbeitermagazin «Grünes Edelweiss» daher. Viele schlüpfrige Sprüche ...

Die Agir AG aus Affoltern am Albis ZH beschäftigt rund 350 Mitarbeitende und besitzt acht Tochterunternehmen, drei davon im Ausland. Die Baufirma profitiert immer wieder von Aufträgen der öffentlichen Hand und ist an Projekten des Kantons Zürich und des Bundes beteiligt.

Im Mitarbeitermagazin «Grünes Edelweiss», in dessen Impressum vier Mitglieder der Geschäftsleitung aufgeführt sind, gibt sich die Firma aber wenig professionell. Durchs Band finden sich nackte Haut, schlüpfrige Anspielungen und herablassende Kommentare über Angestellte, wie der «Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern» publik machte.

«Hama weiss wirklich, wie abfiggen geht», steht da etwa, dazu ein Bild eines abgefahrenen Pneus und das eines Frauenhinterns – «beides Cellulite-frei!». Bei «Hama» handelt es sich um den Mitinhaber und Vize-Verwaltungsratspräsident Hans-Martin Meyer. In einem Bericht über Bauarbeiten an der Limmattalbahn steht mitten im Text: «Überall am Lochen». Und Geschenk-Tipps zu Weihnachten gab es unter dem Titel: «Heute schon gebaggert?»

Witze über die «Marketing-Tussi»

Doch es bleibt nicht bei Altherren-Sprüchen. Im Heft werden auch Mitarbeiterinnen blossgestellt. So macht sich ein Mitglied der Geschäftsleitung in einem Artikel über die fehlenden Rechen- und Excel-Fähigkeiten einer Angestellten lustig, die andernorts als «Marketing-Tussi» bezeichnet wird. 

In einem Bericht über einen Skitag wird die Organisatorin, die «Agir-Blume» genannt wird, aufgefordert: «Wenn schon Piepen, dann eine veritable Peep-Show, bitte.» Offenbar war auf der Car-Reise ständig ein Piepton zu hören gewesen.

Bis vor Kurzem konnte man das Magazin, das über eine Auflage von 1100 Exemplaren verfügt und alle drei bis vier Monate erscheint, noch auf der Website des Unternehmens herunterladen – nachdem der «Anzeiger» darüber berichtete, wurde es von dort entfernt.

Gleichstellungs-Gesetz verletzt?

In der Zeitung wirft Helena Trachsel von der kantonalen Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau der Baufirma vor: «Die Agir pflegt eine diskriminierende Betriebskultur und verstösst gegen das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann.»

Mitinhaber Hans-Martin Meyer wiegelt im «Tages-Anzeiger» ab. Mit Sexismus habe das Magazin aber nichts zu tun, und auch das Gleichstellungsgesetz werde nicht verletzt. Er gibt aber zu, dass der Spruch mit dem «Abfiggen» wohl etwas gewöhnungsbedürftig sei. «Heute wird so alltäglich gesprochen», sagt er in der Zeitung.

Muss die Agir AG nun um ihre Aufträge zittern? Ein Sprecher der Zürcher Baudirektion antwortet im «Tages-Anzeiger» allgemein: «Wenn ein Anbieter den Grundsatz der Gleichbehandlung von Mann und Frau missachtet, wird er aus dem laufenden Verfahren ausgeschlossen.» (rey)

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