Er beleidigt, spuckt und prügelt: Dauer-Delinquent Carlos* ist selbst im Knast nicht zu stoppen. Der 24-Jährige bringt das Justizsystem an seine Grenzen. Nur zu acht trauen sich seine Aufseher in die Zelle. Zu gefährlich ist der muskulöse Kickboxer. Zu unberechenbar.
Jetzt meldet sich der berühmteste Bankräuber der Schweiz zu Wort. Hugo Portmann (59) sass selbst 35 Jahre im Knast. Er weiss genau, wie es hinter Gittern zu und her geht. Auch, was Carlos durchmacht. Der 59-Jährige war selbst Insasse der JVA Pöschwies, kennt die Sicherheitsabteilung wie seine Westentasche. «Das kann einen fertigmachen. Man ist 23 Stunden eingesperrt, kann nur eine Stunde raus», sagt Portmann zu BLICK.
Damals bekam er nur die Bibel zu lesen. Mehr nicht. Heute sei das anders. «Mittlerweile bekommen Häftlinge auch andere Bücher.» Auch er sei oft aggressiv gewesen. «Diese Einsamkeit und die ganze Zeit eingesperrt zu sein können dich irgendwann verrückt machen.» Die Zeit in der Fremdenlegion vor dem Knast habe ihn mental stark gemacht. Und Portmann ist sich sicher: «Sonst hätte ich die Sicherheitsabteilung nicht überlebt.»
«Carlos verstösst gegen den Gefangenen-Kodex»
In Schutz nehmen will er das Verhalten von Carlos aber nicht. «Carlos verstösst gegen den Gefangenen-Kodex. Wehrlose Personen werden nicht attackiert: «Wer am Boden liegt, ist tabu», so der Ex-Bankräuber. Doch genau das tat der Kampfsportler im Juni 2017. Während eines Gesprächs mit Gefängnismitarbeitern dreht Carlos durch, geht auf einen Aufseher los, prügelt auf ihn ein. Lässt nicht von ihm ab, selbst als sein Opfer am Boden liegt. Erst sechs Männer können Carlos stoppen.
«Unfassbar», findet Portmann. «So etwas hätte es während meiner Haftzeit nicht gegeben. So einen Insassen hätten wir kräftig verprügelt. Wir haben geschaut, dass es keinen König im Knast gibt. Wer sich so verhielt, wurde in seine Schranken verwiesen.»
«Carlos gehört in eine Psychiatrie»
Aus seiner Zeit in der JVA Pöschwies kennt er noch viele Aufseher, die mit Carlos zu tun haben. Auch den Gefängnismitarbeiter, der von Carlos im Juni 2017 attackiert wurde. «Dieser Aufseher war einer der anständigsten in Pöschwies, den ich kenne. Er hatte es gut mit allen Häftlingen. Und da prügelt ihn Carlos einfach nieder», erklärt der Ex-Bankräuber betroffen. Mittlerweile ist Portmann daran, sich wieder an die Freiheit zu gewöhnen. Er arbeitet als Müllmann bei der Stadt Zürich.
Für Portmann ist klar: «Carlos gehört in eine Psychiatrie, nicht in ein Gefängnis. Er weiss nicht, wie er mit seiner Wut umgehen soll. Und so kriegen alle um ihn herum seine Aggressionen ab.» Das Ganze sei eine einzige Tragödie. Für das Justizsystem, das Personal und vor allem für Carlos.
* Name geändert