Bundesrat Guy Parmelin kritisiert Türken-Bespitzelung
Erdogan-Fans denunzieren nun auch Schweizer Journalisten

Anhänger des türkischen Präsidenten bespitzeln ihre Landsleute und schwärzen nun auch Journalisten wie BLICK-Chefredaktor Christian Dorer an.
Publiziert: 18.03.2017 um 13:57 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:14 Uhr
Recep Tayyip Erdogan präsentiert im türkischen Fernsehen die Frontpage des BLICK vom 14. März 2017 (Foto Screenshot)

SVP-Bundesrat Guy Parmelin findet es «inakzeptabel» dass die türkische Regierung von Recep Tayyip Erdogan gezielt regierungskritische Landsleute in der Schweiz bespitzelt. «Wir haben eine Rechtsordnung, eine Verfassung und Gesetze, die respektiert werden müssen», sagt der Verteidigungsminister im Interview mit der «Schweiz am Wochenende».

Das Aussendepartement habe die Türkei darauf hingewiesen, dass sich ihre Vertreter an Gesetze halten müssen. Zudem tue der Nachrichtendienst sein Bestes, um Spionageaktivitäten zu verhindern. Erhalte man Beweise für Gesetzesverstösse, werde der Bund auch Gegenmassnahmen ergreifen.

«Doch es wäre naiv, zu glauben, dass es keine Spionage- und Überwachungsaktionen gibt», so Parmelin weiter. «Es ist wie in der Schule: Wer spicken will, kann das tun – wenn er erwischt wird, wird er bestraft.»

Auch BLICK wird beschuldigt

Doch auf ihrem Rachefeldzug nach dem Putschversuch im letzten Sommer denunzieren Erdogans Anhänger nicht mehr nur hier lebende Türken. Nachdem BLICK die türkische Gemeinschaft in der Schweiz in ihrer Muttersprache dazu aufgerufen hatte, Nein zu einem Ausbau von Erdogans Macht zu sagen, wird auch BLICK-Chefredaktor Christian Dorer beschuldigt, Verbindungen zu den «Terrorhelfern» zu unterhalten. Zuvor hatte sich Erdogan im türkischen Fernsehen persönlich gegen den BLICK geäussert und eine Entschuldigung für die Einmischung verlangt.

Auch BLICK-Chefredaktor Christian Dorer wird beschuldigt.
Foto: PHILIPPE ROSSIER

Gemäss «Tages-Anzeiger» behaupten Erdogan-Fans und regierungstreue türkische Medien, Dorer habe von den Gülenisten, welche die Regierung Erdogan hinter dem Putschversuch vermutet, Geld erhalten. Als «Beleg» dienen Bilder einer Podiumsdiskussion, die Dorer 2012 in Aarau auf Einladung der reformierten Landeskirche Aargau geleitet hatte. Thema: «Gibt es einen Konsens über Werte, die Gewalt verhindern und zu Frieden führen?» Neben den Nationalräten Thierry Burkart (FDP), Yvonne Feri (SP) und Ulrich Giezendanner (SVP) hatte am Gespräch auch der türkisch-stämmige, in der Schweiz aufgewachsene Geschäftsleiter des Zürcher Instituts für interkulturelle Zusammenarbeit und Dialog teilgenommen. Dieses gilt als Gülen-nah.

Kampagne ohne Beweise

Eine harmlose Veranstaltung also, wie sie in der Schweiz täglich stattfindet. Aus dem spinnen Erdogan-Fans die Legende, zwischen dem BLICK und den Gülenisten gebe es eine «dreckige, dunkle Beziehung» und auf Dorers Konten fände man Beweise, dass dieser Geld erhalten habe. Belege für diese absurde Behauptung können die Drahtzieher hinter dieser Kampagne jedoch nicht liefern.

Dorer ist nicht der einzige Schweizer Journalist, der mit solchen Falschmeldungen denunziert wird. Auch «Rundschau»-Moderator Sandro Brotz wird von Erdogans Leuten als Terrorhelfer dargestellt. «Man sieht ganz klar, der Moderator unterstützt die Terrororganisationen PKK und Fetö», schreibt beispielsweise eine «Publikationsverantwortliche» der vom Religionsministerium in Ankara gegründeten Türkisch-Islamischen Stiftung auf Facebook. (sf)

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