Das Zürcher Obergericht hat mit der Verurteilung eines Eritreers wegen Gefährdung des Lebens gegen das Anklageprinzip verstossen. Das Bundesgericht hat das Urteil aufgehoben und den Fall zurückgewiesen. Der Angeklagte stiess 2021 eine Frau im Hauptbahnhof Zürich auf die Gleise. Sie konnte rechtzeitig auf das Perron zurückklettern.
Erstinstanzlich wurde der Eritreer unter anderem wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und einfacher Körperverletzung verurteilt. Das Obergericht kam im Dezember vergangenen Jahres zum Schluss, dass es sich um Gefährdung des Lebens handelt. Dies geht aus einem am Freitag publizierten Entscheid des Bundesgerichts hervor.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Mann jedoch lediglich wegen versuchter vorsätzlicher Tötung angeklagt. Aufgrund der Ausführungen in der Anklage musste der Eritreer laut Bundesgericht nicht damit rechnen, dass er wegen Gefährdung des Lebens verurteilt werden könnte. Damit sei der Anklagegrundsatz verletzt worden.
Fall wird neu aufgerollt
Der Fall geht nun zurück an die Zürcher Justiz. Das Obergericht wird den Sachverhalt unter dem Tatbestand der versuchten vorsätzlichen Tötung würdigen oder die Anklage zur Ergänzung des Sachverhalts an die Staatsanwaltschaft zurückweisen müssen.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte den Mann zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten. Es ordnete eine stationäre Massnahme zur Behandlung seiner psychischen Störung an und sprach eine Landesverweisung von acht Jahren aus.
Das Obergericht senkte die Strafe auf vier Jahre und die Landesverweisung auf sechs Jahre. Es bestätigte die stationäre Massnahme und sprach eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen und eine Busse aus.