Das Bodenpersonal von Swissport droht mit Kampfmassnahmen. Damit ist auch ein Streik nicht ausgeschlossen. Die Angestellten haben den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) per Ende Jahr gekündigt. Damit ist der erst vor gut einem Jahr ausgehandelte «Krisen-GAV» schon bald wieder Geschichte.
Eine Fortführung des Krisen-GAV sei für die Mitarbeitenden unter den aktuellen Umständen nicht mehr zumutbar, erklären die Gewerkschaften SEV-GATA, VPOD und KFMV am Mittwoch in einem Communiqué. Kampfmassnahmen in den nächsten Wochen für bessere Arbeitsbedingungen werden nicht ausgeschlossen.
Härteste aller Massnahmen
Wie diese Kampfmassnahmen genau aussehen könnten, dazu will sich Gewerkschaftssekretärin Regula Pauli (47) im Gespräch mit Blick nicht konkret äussern: «Ich würde nichts ausschliessen, im Moment geht es darum Aktionen zu planen. Aber es ist noch nichts beschlossen.»
Auf die Frage, ob die Gewerkschaften auch bereit wären, aufs Äusserste zu gehen, also während der Hauptreisezeit im Sommer zu streiken, weicht Pauli aus: «Wir sind an die Friedenspflicht gebunden, ein Streik im Sinne einer Arbeitsniederlegung ist im Moment nicht das Thema.» Man suche nach anderen Kampfmassnahmen.
Katharina Prelicz-Huber (62), Präsidentin der Gewerkschaft VPOD und Nationalrätin (Grüne/ZH) ist etwas konkreter: « Ein Streik ist die härteste aller Kampfmassnahmen. Dazu hat das Bodenpersonal auch schon gegriffen».
Stimmung am Boden
Die GAV-Kündigung kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. An vielen Flughäfen in Europa droht wegen Personalmangel ein Chaos, sind die Warteschlangen vor den Abflugschaltern lang. Auch in der Schweiz brauchen Flugpassagiere viel Geduld.
Die Auswirkungen auf den Flughafen Zürich sind noch unklar. Der Flughafen lässt sich auf Anfrage von Blick nicht in die Karten blicken. Man tue alles für einen «möglichst reibungslosen Betrieb». Sollten die Swissport-Mitarbeitenden eine Demonstration am Flughafen planen, müssten sie dafür eine Bewilligung beim Flughafen einholen. «Ziel ist es in jedem Fall, dass der Flugbetrieb nicht gestört wird und die Sicherheit von Passagieren, Mitarbeitenden und Demonstrierenden in jedem Fall gewährleistet ist», schreibt der Flughafen dazu.
Der Grund für die Kündigung des GAV: Die zwei Corona-Jahre hätten viel von den Swissport-Mitarbeitenden abverlangt, schreiben die Gewerkschaften. Im Krisen-GAV hätten die Angestellten Lohneinbussen, längere Arbeitszeiten in Kauf genommen und auf Ferien- und Frei-Tage verzichtet. «Sie machten alles, um Swissport durch die Krise zu bringen.»
Kommt hinzu, dass Swissport während der Pandemie laut Medienberichten 1000 von 2800 Stellen gestrichen hat. Dieses Personal fehle nun.
Diesen Berichten widerspricht Swissport auf Anfrage von Blick: «Swissport hat an den Standorten in der Schweiz aufgrund der Pandemie keine Stellen abgebaut. Es galt aber während der Pandemie ein Einstellungsjob und natürliche Abgänge wurden nicht ersetzt. In Basel, Genf und Zürich, verfügt Swissport aktuell über genügend Personal, um die angekündigten Flüge abzudecken.»
Trotzdem: Die Stimmung beim Bodenpersonal am Flughafen Zürich sei sprichwörtlich am Boden, so die Gewerkschaften. Deshalb brauche es nun zusätzlichen Druck. Deshalb wurde der GAV gekündigt. Swissport bedauert diesen Entscheid, weisst aber nachdrücklich auf die im immer noch gültigen Krisen-GAV verankerte Friedenspflicht hin, «die den Verzicht auf Streiks beinhaltet.»
Teuerungsausgleich, Verbesserung bei freien Tagen
Nun habe der Normalbetrieb wieder Fahrt aufgenommen. Deshalb sei es «höchste Zeit», auch bei den Arbeitsbedingungen zum Normalbetrieb zurückzukehren. Doch nach diversen Verhandlungen sei klar, dass Swissport nicht auf die Forderungen des Personals eingehen wolle.
«Wir wollen mindestens zurück zum GAV19, dem Gesamtarbeitsvertrag, der vor der Krise gegolten hat», so Gewerkschaftssekretärin Pauli. Zudem verlange das Bodenpersonal einen Teuerungsausgleich sowie eine Verbesserung bei freien Tagen. Im Moment ruhen die Verhandlungen, erst ab Mitte August wollen Gewerkschaft und Swissport wieder gemeinsam an den Tisch sitzen, wie Pauli sagt. Diese Verhandlungspause bestätigt auch Swissport. (SDA/noo/koh/sfa)