Sie werden vergast, erschlagen, lebendig gehäutet oder durch analen Stromschlag getötet: Über 100 Millionen Tiere sterben jährlich für die Pelzindustrie. Früher ein Statussymbol und Luxusprodukt, ist Pelz heute zum erschwinglichen Modetrend geworden. Grund für diesen Wandel ist die Globalisierung, so Angelina Dobler, Mitglied der Vereinsleitung «Tier im Fokus» zu BLICK. Die Tötung eines Tieres nur für seinen Pelz würde dafür leichtfertig in Kauf genommen.
Gemeinsam mit anderen Aktivisten und Mitgliedern von Tierrechtsorganisationen will Dobler ein umfassendes Verbot für den Import von Pelzen jeglicher Art erwirken. Zu diesem Zweck findet heute Samstag eine «Anti-Pelz-Demo» in Zürich statt. Organisiert wurde die Veranstaltung durch ein Bündnis von «Anti Fur League», «Aktivismus für Tierrechte», «Tier im Fokus» und «LSCV – Schweizer Liga gegen Tierversuche und für die Rechte des Tieres».
«Deklarationsverordnung für Pelzprodukte ist eine Farce»
Über 1000 Personen haben in den sozialen Medien im Vorfeld ihr Interesse an der Zürcher «Anti-Pelz-Demo» bekundet. «Noch nie war in der Schweiz die Resonanz auf eine Tierrechts-Demo so gross», so Dobler. Sie rechnet damit, dass letztlich rund 500 Demonstranten zusammenkommen werden.
Ziel des Demonstrationsumzugs, der sich ab 14 Uhr vom Werdmühleplatz in Richtung Helvetiaplatz bewegt, sei es, die Bevölkerung zu sensibilisieren und die Politik zum Handeln zu bewegen. «Viele Konsumenten sind sich dessen gar nicht bewusst, dass sie Echtpelz tragen», sagt Dobler. Wenn man eine Jacke mit Pelzbesatz – hergestellt im asiatischen Raum – kauft, dann müsse man damit rechnen, dass man gar ein Büsi oder einen Hund um den Hals trägt.
Dass es überhaupt soweit kommt, liegt zu einem grossen Teil an der Verschleierungstaktik der Hersteller bei der Deklaration von Pelzprodukten. «Die in der Schweiz seit März 2014 bestehende Deklarationsverordnung für Pelzprodukte ist eine Farce», sagt Dobler. Diese Aussage wird auch durch diverse Stichproben von Tierschutzorganisationen gestützt.
«Zudem ist Echtpelz oftmals sogar günstiger als Fake-Pelz.» Die Haltungsbedingungen in der Pelzindustrie seien katastrophal. Die Schweiz brüste sich mit ihrem Tierschutz, umgeht aber das Verbot der Tierquälerei durch den Import von Pelzprodukten.
Allein 2016 wurden 463 Tonnen Pelz importiert
Nicht ohne Grund gebe es deswegen in der Schweiz keine Pelzfarmen. Zu wenig lukrativ wäre das Geschäft. Denn damit eine Pelzfarm in der Schweiz rentieren würde, müsste sie gegen geltendes Recht verstossen. «Hierzulande würde die Tötung von Tieren für die Gewinnung von Pelz als Tierquälerei eingestuft», erklärt Dobler. Umso mehr boomt deswegen der Import von Pelzen.
Die Pelze kommt aus China, Nordamerika aber auch aus Europa. Meist handelt es sich dabei um Nerz-Pelze. Aber auch die vor allem aus China stammenden Marderhund-Pelze seien in grosser Menge in Schweizer Modehäusern zu finden. Laut Dobler wurden allein im Jahr 2016 insgesamt 463 Tonnen Pelz in die Schweiz importiert. «Die Dunkelziffer betreffend der tatsächlichen Importmenge ist jedoch viel grösser», so die Tierrechtsaktivistin. Denn Kapuzenbesätze oder Pelzbommel an Mützen würden dabei vernachlässigt.
«Dank synthethischer Alternativen braucht heutzutage eigentlich niemand mehr Pelz», ist die Tierrechtsaktivistin überzeugt: «Eine Mütze gibt nicht wärmer, nur weil sie einen Pelzbommel hat.» Aber auch von Fake-Pelz rät Dobler ab, damit würde ein falsches Signal gesetzt. Unterscheiden lässt sich Echt- von Fake-Pelz laut Tobler bei einer genaueren Betrachtung ganz einfach. «Bei Echtpelzbesätzen sieht man die Unterwolle und die Tierhaut. Bei Fake-Pelz ist eine gewebte Textilschicht zu sehen.»
Trotz Etappensieg muss weitergekämpft werden
Einen Teilsieg im Kampf gegen die «brutalen Machenschaften» der Pelzindustrie durften Aktivisten, die sich gegen den Handel mit Pelz einsetzten, im Frühling diesen Jahres verzeichnen. Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung Anfang März entschieden, die Einfuhr von Robbenprodukten in die Schweiz per 1. April gesetzlich zu verbieten.
Doch diesen Etappensieg zu erringen, hat gedauert. Denn schon 2011 hatte der einstige SVP-Nationalrat Oskar Freysinger die entsprechende Motion für das umfassende Importverbot von Robbenprodukten eingereicht. Doch der Ständerat stellte sich quer. Zweimal wurde die Motion sistiert. «Dass es letztlich doch zum Verbot kam, zeigt, dass es möglich ist», so Dobler. Trotzdem müsse weitergekämpft werden.
Im Dezember 2014 hat SP-Nationalrätin Pascale Bruderer zusammen mit der Stiftung Tier im Recht das Postulats «Einfuhr und Verkauf von tierquälerisch erzeugten Pelzprodukten verhindern» eingereicht. Im Juni diesen Jahres hat der Nationalrat die Motion «Importverbot für tierquälerisch erzeugte Produkte» von SP-Nationalrat Matthias Aebischer angenommen. Stimmt auch der Ständerat dem Vorstoss zu, muss der Bundesrat die rechtlichen Grundlagen für ein entsprechendes Importverbot ausarbeiten.