Unterlagen der Kesb der Stadt Zürich wurden in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies zu Büchern gebunden. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/ENNIO LEANZA

Anklageschrift enthüllt
So heftig verprügelte Carlos einen Aufseher

Ende Oktober steht Carlos wieder vor Gericht: Er wurde hinter Gittern mehrmals gewalttätig. Jetzt zeigt die Anklageschrift, wie heftig die Ausraster wirklich waren.
Publiziert: 23.10.2019 um 10:57 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2019 um 14:13 Uhr
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Carlos muss Ende Oktober vor Gericht.
Foto: Blick

Carlos* (24) steht am 30. Oktober wieder vor Gericht: Der berüchtigste Straftäter der Schweiz bringt das Schweizer Justizsystem an seine Grenzen. Er muss sich wegen diverser Delikte verantworten, die er hinter Gittern begangen hat. Es geht um mehrere Vorfälle, bei denen er verbal ausfällig wurde, Todesdrohungen aussprach und Aufseher verprügelte.

Am Mittwochmorgen wurde die Anklageschrift publiziert. Carlos wird der versuchten schweren Körperverletzung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfacher Drohung, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und mehrfacher Beschimpfung angeklagt. 

Carlos schlug auf Aufseher ein

Dabei geht es um mehrere Vorfälle ab Januar 2017: Zum Beispiel bei einem Eintrittsgespräch im Gefängnis Winterthur. Drei Aufseher sind zur Sicherheit dabei. Als er sich ausziehen soll, eskaliert die Situation. Er beschimpft die Aufseher, droht ihnen in übelsten Schimpfworte Gewalt an, kündigt an, sie «alle umzubringen». Es bleibt bei den verbalen Ausrastern. Schlimmer wurde es wenige Monate später.

Im Juni 2017 fand in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies ZH ein Gespräch mit Carlos statt. Dort griff er während des Gesprächs einen neben ihm sitzenden Aufseher an. In der Anklageschrift heisst es, dass Carlos «ohne Vorwarnung, willentlich blitzschnell und mit Wucht mit der rechten Faust mindestens zweimal gegen den Kopf des sitzenden Geschädigten» schlug.

Schädelhirntrauma, Prellungen, psychische Folgen

Der erste wuchtige Schlag habe den Aufseher an der linken Stirnseite getroffen; der zweite, ebenfalls schnelle und wuchtige Schlag habe den Geschädigten am Hals linksseitig getroffen. Die Schläge von Carlos erfolgten derart rasch, dass sie den ungeschützten Kopf bzw. Hals des Geschädigten trafen.

Carlos habe dann von oben herab mehrere Male, mindestens dreimal, wuchtig mit der Faust auf den Kopf des Geschädigten eingeschlagen. Dieser wehrte sich, deckte sein Gesicht ab, wobei ein Schlag am linken Oberarm des Geschädigten auftraf. Sechs Männer waren nötig, um den damals 21-jährigen Kampfsportler von seinem Opfer wegzuziehen.

Mithäftling geschlagen

Laut Anklageschrift erlitt der Aufseher durch die Schläge ein leichtes Schädelhirntrauma sowie Prellungen an der linken Halswirbelsäule und am linken Oberarm. «Der Geschädigte litt zudem in der Folge psychisch stark an den Folgen des gewalttätigen Übergriffs des Beschuldigten.»

Im April 2017 war Carlos gegen einen Mithäftling bereits gewalttätig geworden. Er boxte diesem – rund 150 Kilo schweren Mann – leicht in den Bauch, sagte ihm, er sei «ein guter Boxsack». Als dieser darauf sagte, dass er die Aufseher holen würde, schlug Carlos laut Anklage zwei Mal auf ihn ein. Der Mithäftling stürzte zu Boden, erlitt Prellungen und litt danach unter Panikattacken. 

Carlos, das wird aus der Anklageschrift deutlich, akzeptierte die Aufseher nicht als Autoritäten, spuckte sie an, beschädigte seine Zellen und stiess wüste Drohungen aus.

Gegen eine Aufseherin wurde er besonders deutlich: Er wird in der Anklageschrift zitiert: «Meine Ehre wurde verletzt und ich muss dich töten. Du hast meine Familie beleidigt. lch töte dich. lch bin das Böse und ihr werdet sehen, wie böse ich bin. lhr habt mich hierher gebracht und ihr werdet es bereuen. lch schlage euch mit meinen Fäusten. lch liebe es zu schlagen. lch liebe es zu spüren und zu hören, wie der Kiefer und die restlichen Knochen knacken.»

Schläger durch TV-Doku bekannt

Eine Dokumentation des SRF über das «Sondersetting» des renitenten Schläger Carlos* (24) brachte den jungen Mann schweizweit in die Schlagzeilen. Um den damals noch jugendlichen Kriminellen zu resozialisieren, wurden 29'000 Franken ausgegeben – pro Monat. Zu Carlos' «Sondersetting» gehörten damals unter anderem Thaibox-Training und eine 4-Zimmer-Wohnung. 

Carlos beschäftigt die Justiz seit Jahren. Eine Lösung, wie mit ihm hinter Gitter umgegangen werden soll, scheint nicht in Sicht. Im Juni wurde er von der Justizvollzugsanstalt Pöschwies ZH nach Lenzburg AG verlegt – kurze Zeit später war er wieder zurück. Die Pöschwies richtete vier Zellen speziell ein – eine Zelle wurde pink gestrichen. Das Personal liess man zudem speziell trainieren und stellte neue Schutzausrüstung bereit.

* Name geändert

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