Die An’Nur-Moschee in Winterthur ZH kommt nicht zur Ruhe. Letzten Sonntag zeigte SonntagsBlick ein Bild von A. E.* (51) – jenem Imam, der in der Moschee bei der Radikalisierung von Jugendlichen eine zentrale Rolle spielt. Es war das erste Bild eines Mannes, über den schon oft berichtet wurde.
Seither ist viel passiert. Die Berichte von SonntagsBlick und dem «Weltwoche»-Journalisten Kurt Pelda wurden in Frage gestellt. A. E. selber und die Verantwortlichen der Moschee gaben Interviews, redeten sich um Kopf und Kragen, widersprachen sich – und entlarvten sich dabei selbst.
Behauptung 1
«Radikale Gläubige schicken wir weg», sagt Moschee-Präsident Atef Sahnoun (49) am 18. November im Interview mit der NZZ. Auch zuvor hat er in Interviews stets betont, in seiner Moschee werde kein Hass gegen Andersgläubige gelehrt.
Fakt: SonntagsBlick liegen Tonbandaufnahmen aus der Moschee vor. Zu hören ist ein Imam aus dem Irak, der im Bittgebet, der Dua, zum Hass gegen Andersgläubige aufruft. «Oh Herr, vergib uns», predigt der Imam. «Du bist unser Herr, gib uns den Sieg über die Ungläubigen (Kufar).
Oh Gott, ehre den Islam und die Muslime und erniedrige Polytheismus und die Polytheisten. Zerstöre die Feinde der Religion, unterstütze deine dich anbetenden Dschihadisten und unterstütze deine dich anbetenden Dschihadisten überall, oh Herr der Welten.»
Aus diesen Worten geht klar hervor, welche Bedeutung Andersgläubige für die Islamisten aus Winterthur haben. Daran lassen auch die Worte von Imam A. E. keinen Zweifel. Als der «Landbote» im Juni 2015 bei einer seiner Predigten zuhört, sagt er: Allah habe den Propheten Mohammed angewiesen, «geduldig zu sein mit den Juden und der Falschheit, die durch sie verbreitet wird».
Behauptung 2
«Bei uns kann man nicht übernachten», behauptet Atef Sahnoun im «Tages-Anzeiger» vom 26. November 2015.
Fakt: SonntagsBlick weiss, dass immer wieder Gläubige in der Moschee in Winterthur-Hegi übernachten. An hohen Feiertagen schliefen dort jeden Abend bis zu 20 Männer auf mitgebrachten Matratzen.
«Nicht alle hatten Decken und Kopfkissen», sagt einer, der dabei war. Ein anderer berichtet: «Wir mussten die Moschee nicht mal zum Essen verlassen.» Dabei habe man längst nicht von allen den richtigen Namen gekannt. «Man spricht sich dort mit arabischen oder albanischen Übernamen an.»
Behauptung 3
«Wir sind allesamt keine Radikalen», sagt Atef Sahnoun im «Tages-Anzeiger» vom 26. November 2015.
Fakt: Nicht nur wird in der An’Nur gegen Andersgläubige gehetzt, dort verkehren regelmässig auch Anhänger der Koranverteilaktion «Lies!», wie ein Bild zeigt. Die Gruppe um den deutschen Konvertiten Pierre Vogel (37) und den salafistischen Prediger Ibrahim Abu Nagie (51) ist mit Vorträgen und Koran-Verteilaktionen aktiv – zuletzt vor ein paar Tagen in Zürich.
Die Gruppe wird in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch die Schweizer Behörden haben die Islamisten von «Lies!» wegen ihrer radikalen Ansichten im Visier: 2009 verweigerte das Bundesamt für Migration Vogel die Einreise, weil er «gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung» verstosse. Sahnoun sieht das anders, wie er gegenüber dem «Landboten» vom 7. Mai 2015 sagte: «Ich halte ‹Lies!› für eine gute Sache und war schon mehrmals selber bei den Aktionen dabei.»
Behauptung 4
A. E. sei «nur ein Nebenprediger», liess sich Sahnoun letzte Woche im SonntagsBlick zitieren. A. E. durfte gegenüber dem Internet-Portal Watson behaupten: «Ich wurde vor acht Monaten hierhergeholt.» Er sei noch gar nicht in der Moschee gewesen, als die ersten Jugendlichen in den Dschihad nach Syrien reisten.
Fakt: Sahnoun wollte mit seinen Äusserungen die Rolle von A. E. in der Moschee herunterspielen. Erst gegenüber dem «Tages-Anzeiger» gab er am Donnerstag zu: «Abu Mohammed ist einer unserer Haupt-Imame. Sie sind zwei gute, langjährige Imame, die schon seit 15 bis 20 Jahren predigen.»
Im «Landboten» vom 3. Juni widerlegt er die Aussage von A. E., wonach dieser erst vor acht Monaten in die An’Nur-Moschee kam. Sahnoun sagte damals: «Als die jungen Leute in den Jihad reisten, war Abu Mohammed nur sehr selten da.» Will aber heissen: Er war bereits in der Moschee – und wurde nicht erst vor acht Monaten geholt, wie A. E. behauptet.
Behauptung 5
IS-Pate A. E. sei «der friedlichste Mensch, den er kenne», sagt Moschee-Vorsteher Sahnoun gegenüber SonntagsBlick.
Fakt: A. E. bestätigt selbst, dass er Mitglied der islamistischen Terrorgruppe Libyan Islamic Fighting Group (LIFG) war. Die Gruppe kämpfte in den 90er-Jahren für einen Scharia-Staat in Libyen. Nach deren Zerschlagung liefen die meisten Mitglieder der Gruppe zu Al Kaida über.
A. E. sagt: «Als ich im Jahre 2000 in die Schweiz flüchtete, hatte ich keinen Bezug mehr zur LIFG.» Dennoch steht E. mit anderen Extremisten in Kontakt – so wie mit einem in U-Haft sitzenden mutmasslichen irakischen Terroristen.
«Ich habe ihn nur oberflächlich gekannt», hielt E. gegenüber dem «Landboten» gestern schriftlich fest. Im Hintergrund bedrohen E. und seine Anhänger Leute, die an der Aufdeckung der Winterthurer IS-Zelle arbeiten, so zum Beispiel einen Politiker aus der Region. Er sagt zu SonntagsBlick: «Nach den Berichten der letzten Tage über die Winterthurer IS-Zelle und deren Kopf Abu Mohammed habe ich mehrere Todesdrohungen aus deren Umfeld gegen mich und meine Familie erhalten.»
Es ist nicht das erste Mal, dass Islamisten im Zusammenhang mit Artikeln im SonntagsBlick leugnen und lügen. So berichteten wir im Januar über ein Mitglied des Islamischen Zentralrats der Schweiz, das auf Facebook keinen Hehl aus ihren Sympathien für den jemenitischen Terroristen Anwar al-Awlaki (†40) machte.
«Anwar al-Awlaki war einer der Vorbilder unserer Umma (muslimische Gemeinschaft – Red.). Möge Allah ihn ins Paradies eintreten lassen.» In der NZZ liess das Zentralrats-Mitglied unwidersprochen verlauten: «Ich habe das nicht geschrieben.» Der Post sei gefälscht, SonntagsBlick wurden rechtliche Schritte angedroht. Passiert ist nie etwas – wohl auch weil der Redaktion der Beweis vorliegt, dass der Post echt ist.
Warum aber täuschen die Islamisten die Öffentlichkeit so dreist? «Sie sind in der Defensive und fürchten, entlarvt zu werden», sagt Islamkennerin Saïda Keller-Messahli. Deshalb rechtfertigten sie es, Menschen zu belügen, die ihre Auffassung vom Islam nicht teilen. «Wenn sie sie als minderwertig betrachten, dürfen sie sie anlügen.»