Wenn Skepsis zum Tod führt: Das Zürcher Kinderspital verzeichnet vermehrt Fälle von kranken Kindern, deren Eltern eine schulmedizinische Behandlung ablehnen.
So durften teils Kinder mit Krebs nicht behandelt werden, weil die Eltern sich dagegen wehrten – die Schützlinge sollen mit Alternativmedizin geheilt werden. Statt auf eine Chemotherapie setzen die Erwachsenen auf homöopathische Mittel, verabreichen dem Kind Aprikosenkerne und Zusatzmittel aus japanischen Shiitake-Pilzen.
Totale Ablehnung führt zum Tod
«Es nimmt zu, dass die Leute versuchen, alternative Medizin für eine Erkrankung zu suchen», sagt Georg Staubli, Leiter der Kinderschutzgruppe des Kinderspitals Zürich zu «Radio Energy». Dies werde auch zugelassen, die alternative Variante laufe dann parallel zur schulmedizinischen Behandlung. «Aber das totale Ablehnen führt, aus unserer Sicht, zum Fortschritt der Erkrankung – und schlussendlich zum Tod.»
Dieses Jahr habe es mehrere gravierende Fälle gegeben. «So konnte ein Kind mit einer Tumorerkrankung nicht schulmedizinisch therapiert werden.» Derartige Fälle seien dann für sie «schwierig zu verstehen und nachzuvollziehen», sagt Staubli.
«Risiko und Vernachlässigung»
In prekären Fällen erstatten die Mediziner eine Gefährdungsmeldung oder erstatten Anzeige. Bis die Behörden eingreifen, dauert es aber lange. «So haben wir vor Jahren ein dreijähriges Kind mit einer Leukämie verloren, weil es einfach Monate ging, bis schlussendlich eine Entscheidung gefällt wurde», sagt Staubli. «Das Kind verblutete, als es endlich bei uns war.»
Deshalb zählt das Spital derartige Fälle zur Kategorie «Risiko und Vernachlässigung». Die neuen Zahlen des Kinderspitals Zürich zeigen generell einen Anstieg misshandelter Kinder: 486 Fälle wurden 2016 registriert – rund 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Massiv ist die Zunahme von einem Drittel bei der Anzahl körperlicher Misshandlungen.
Die Kinderschutzgruppe des Kinderspitals Zürich befasst sich mit Kindern vom Säuglingsalter an, die misshandelt wurden oder in Gefahr sind, misshandelt zu werden. Die Schutzgruppe plant Interventionen bei konkreten Fällen und versucht Kinder vor Misshandlungen zu schützen. (kra)