Dieser Maler hat rot gesehen! Am Montag stand Edon T.* (56) aus Adliswil ZH vor Bezirksgericht Horgen ZH. Die Anklage: Nach einem Streit mit einem Töfffahrer zog der Schweizer mit kosovarischen Wurzeln ein Messer und stach auf seinen Kontrahenten ein. Vor Gericht gab er sich geläutert: «Es war ein Fehler. Ich habe im letzten Jahr gesehen, dass das Gefängnis nicht gut ist.»
Der Auslöser für die Tat im Frühling 2020: Der Messerstecher sass in seinem Maler-Wagen. Wegen eines Handygesprächs verpasste er, als die Ampel auf Grün schaltete, und blockierte die Fahrzeuge hinter sich. Der Motorradfahrer (46) sagt aus, er habe ihn dann überholt und dabei den Kopf geschüttelt. «Er zeigte mir den Stinkefinger», berichtet hingegen der Angeklagte.
Aus Notwehr zugestochen?
Fest steht: Kurz darauf kam es an einer Tankstelle in Adliswil ZH zum erneuten Aufeinandertreffen der beiden. «Ich hatte Angst vor ihm», begründete der vorbestrafte Maler den Fakt, dass er ein Messer in der Hand hatte. «Ich sagte ihm, er soll nicht näherkommen.» Zugestochen habe er nur, um den Angriff abzuwehren.
Dumm nur: An der Tankstelle gibt es Kameras. Und die Videos, die vor Gericht gezeigt wurden, stützen die Notwehr-Geschichte nicht. Im Gegenteil: Zu sehen ist, wie der Maler seinem Opfer zur Tankstelle folgt und mit einem Messer in der Hand neben dem Töff wartet, bis der Fahrer wieder aus dem Shop kommt. Als das Opfer in Reichweite ist, sticht der Angeklagte nach wenigen Sekundenbruchteilen ohne Vorwarnung zu. Das Opfer erlitt trotz Motorrad-Schutzkleidung eine sechs Zentimeter tiefe Stichwunde in der Flanke.
«Ich dachte, er ist auch Albaner»
Der Angeklagte blieb trotz Videobeweis dabei: Der Töfffahrer habe den Angriff begonnen. Wegen der «unscharfen» Kamerabilder sei das aber nicht auf dem Video zu sehen. Eine andere Begründung des Angeklagten für das Ziehen des Messers: «Ich dachte, er ist auch Albaner, da muss man das so machen.»
Die Staatsanwaltschaft wollte Edon T. wegen versuchten Mordes 13 Jahre im Gefängnis sehen. «Sie haben zwei Vorstrafen, eine im Strassenverkehr und eine wegen häuslicher Gewalt. Das ist die typische Steigerung des Austickens», so der Ankläger. Die Verteidigung forderte nur eine teilbedingte Haftstrafe von 18 Monaten wegen Körperverletzung.
Das Urteil fiel nach langer Beratung um 21 Uhr: Der Angeklagte ist schuldig der versuchten vorsätzlichen Tötung. Er kassiert eine Haftstrafe von 5 Jahren und zwei Monaten.
*Name geändert