Ist es Gewalt, wenn jemand einen Beamten anspuckt? Diese Frage entzweit die Zürcher Polizei und Justiz. Bis vors Verwaltungsgericht ging die Stadtpolizei, um ein Rayonverbot gegen einen Fussballfan durchzusetzen, der am 11. Mai 2016 nach dem Spiel Zürich – Lugano (0:4) einen Polizisten bespuckte. Denn sie ist der Überzeugung: Spucken ist eine Gewalttat. Was laut dem Hooligan-Konkordat ein Rayonverbot rechtfertigt.
Doch der Richter ist anderer Meinung. Im Urteil, das vergangene Woche veröffentlicht wurde und über das die NZZ nun berichtet, bestätigt er den Entscheid der Vorinstanz und kommt zum Schluss: Ein Rayonverbot ist unverhältnismässig.
Nur ins Gesicht spucken ist eine Gewalttat
In seinem Urteil beruft sich das Verwaltungsgericht auf vergangene Rechtsprechung. Demnach ist Spucken ins Gesicht eine Tätlichkeit, da sie «als besonders widerlich zu beurteilen» sei. «Für den Betroffenen, dem schleimige Körperflüssigkeit überraschend auf die Gesichtshaut, die Augen und allenfalls in Öffnungen wie Nase und Mund gespritzt wird», sei dies «überaus ekelerregend», hielt das Zürcher Obergericht fest.
Anders sieht die Sache aus der Sicht des Richters aus, wenn nicht das Gesicht getroffen wird – was im Fall des Zürcher Fans der Fall war. Schliesslich sei hier die Gefahr einer «möglichen Ansteckung mit einer Krankheit» nicht gegeben. Und weniger eklig sei das Ganze auch.
Fan entschuldigte sich
Zudem habe der aggressive Fussballfan wohl eher zufällig den Polizisten getroffen, stellt der Richter fest. Schliesslich habe dieser drei Meter von ihm entfernt gestanden.
Bei der Spuckattacke habe es sich, so der Richter, deshalb nicht um eine «tätliche Beschimpfung, sondern um eine «Beschimpfung durch Gebärde» gehandelt. Ebenfalls zu berücksichtigen sei weiter, dass sich der Fan am Tag nach der Attacke beim Polizisten entschuldigte.
Damit ist ein knapp einjähriger Rechtsstreit vorläufig beendet – zumindest wenn die Polizei das Urteil akzeptiert und nicht bis ans Bundesgericht weiterzieht. Für den Fan hat sich mit dem jüngsten Urteil nichts geändert, ausser finanziell: Die Polizei muss ihm für das Beschwerdeverfahren 2000 Franken Entschädigung zahlen. (lha)