Sie könnten gegensätzlicher nicht sein: Abu Ramadan (64) und Saïda Keller-Messahli (60). Der Hassprediger und die Islamkritikerin. Er hetzt in der Bieler Al-Rahman-Moschee gegen Andersgläubige, sie warnt seit Jahren vor radikalen Muslimen. Dem Imam aus Libyen wirft sie vor, Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu sein.
Jetzt eskaliert der Streit zwischen den beiden. Grund ist ein Artikel im «Bieler Tagblatt», in dem Keller-Messahli vor einer Woche schwere Vorwürfe gegen Abu Ramadan erhob: «Am 11. und 18. November 2016 predigte er in der Moschee Al Karafi in Tripolis, um Gott um Schutz der anwesenden Al-Qaida- und IS-Kämpfer zu bitten.» Als Beweis publizierte die Zeitung den Screenshot eines Youtube-Videos der Predigt.
Doch nun kommen Zweifel an der Darstellung der bekannten Islamexpertin auf. Am Freitag musste die Zeitung eine Gegendarstellung des Imams drucken. Darin wehrt er sich gegen die Anschuldigungen: «Diese Behauptung ist falsch. Wie Aufnahmen der Predigt belegen, habe ich keine entsprechende Aussage getätigt.»
SonntagsBlick hat die auf Arabisch gehaltene Rede übersetzen lassen. Tatsächlich erwähnt der Prediger in seinem Gebet weder den IS noch Al Kaida. Auch ist den Sätzen Abu Ramadans nichts zu entnehmen, was sich in diese Richtung interpretieren lassen würde.
Der Imam geht juristisch gegen die Islamkritikerin vor. Anfang Woche hat er Saïda Keller-Messahli bei der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland angezeigt. Sein Vorwurf lautet auf Verleumdung und üble Nachrede.
In seinem Schreiben an die Justiz heisst es: «Mittels dem Youtube-Video lässt sich zweifellos belegen, dass die von Keller-Messahli erhobene Behauptung unwahr ist.» Der Imam weist zudem darauf hin, dass Keller-Messahli Arabisch als Muttersprache bezeichnet, also davon ausgegangen werden könne, dass sie den Inhalt der Predigt problemlos verstanden habe. Deshalb hätte sie wider besseres Wissen gehandelt.
Hat die Islamkritikerin übersteuert? Keller-Messahli winkt ab. «Was ich geschrieben habe, kann ich belegen», sagt sie. Einen Beweis ihrer IS-Aussage bleibt sie allerdings schuldig.
Sie beruft sich lediglich auf libysche Zeitungsartikel. Demnach sei Abu Ramadan ein «gefährlicher Terrorist», der in seinen Predigten zum Dschihad aufruft. Auch das «Bieler Tagblatt» hält an der ursprünglichen Darstellung fest.
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