«Zug ist klein. Aber fein. Zug ist kompakt.» Mit diesen Worten begrüsst Zug Tourismus Gäste aus aller Welt. Sie lassen erahnen, warum die Zentralschweizer Stadt nicht zu den grössten Touristenattraktionen der Schweiz gehört. Zug ist hübsch, aber unspektakulär.
Für eine Gruppe von Ausländern jedoch ist sie eine Traumdestination: die Reichen und Superreichen. Und damit das so bleibt, will der Kantonsrat über eine neue Regelung beraten: Wer mindestens eine Million Einkommen und ein Vermögen von 20 Millionen Franken hat, soll vom Deutschkurs befreit werden.
Es ist nicht das erste Vorhaben, das im Rest des Landes Kopfschütteln auslöst. Erst vergangene Woche präsentierten Zuger Politiker den Vorschlag, eine 5000er-Banknote einzuführen. So würde das «Bargeld gestärkt», so die Initianten. Wo ausser im Mekka der Superreichen könnte jemand sonst auf eine solche Idee kommen?
«Die besuchen den Sprachkurs schon jetzt nicht»
Als Störfaktor werden die «Internationalen», wie die reichen Ausländer auch genannt werden, im Kanton Zug nicht wahrgenommen. Auch wenn sie das machen, was auch bei Schweizer Millionären verpönt ist: den Reichtum zur Schau stellen. Der Kanton Zug hat mit Abstand die höchste Porsche-Dichte des Landes, wie eine Umfrage der «Neuen Zürcher Zeitung» zeigt: Auf 1000 Einwohner kommen 12 Porsches.
Nur hinter vorgehaltener Hand äussert sich der eine oder andere Zuger verstimmt über die hohen Lebenskosten, welche die Entwicklung mit sich bringt. Vor allem die Mieten machen den Normalverdienern zu schaffen. Im Grossen und Ganzen ist man dankbar für die guten Steuerzahler – und diese im Kanton zu halten, gesteht man ihnen gerne ein paar Privilegien zu.
Zum Beispiel, dass sie nicht Deutsch lernen müssen. «Die besuchen den Sprachkurs schon jetzt nicht», sagt ein Zuger mit guten Kontakten zu Politik und Wirtschaft. «Mein Nachbar mit einem C-Ausweis spricht etwa so gut Deutsch wie ich Chinesisch.» Deutschkenntnisse sind eigentlich eine Voraussetzung für eine C-Bewilligung.
Diese Willkommenskultur zieht auch prominente Millionäre und Milliardäre an: Etwa den russischen Oligarchen Viktor Vekselberg. Er ist in Zug angemeldet und profitiert von einer Pauschalbesteuerung – kaum jemand weiss, ob er wirklich da wohnt.
Nur reich sein ist nicht genug
Hitzig debattiert wird die Sprachkurs-Frage vor allem in der lokalen Politik. Die Grünen bezeichnen die Pläne als «inakzeptabel» und haben das Referendum angekündigt. Doch Politiker, die gegen den Mainstream schwimmen, haben keinen leichten Stand. Das zeigt die Abwahl des prominenten grünen Politikers Jo Lang aus dem Nationalrat.
Die Zuger Erfolgsgeschichte begann in den 60er-Jahren, als der Kanton den Steuerfuss senkte. Das zog erst reiche Ausländer an, dann auch internationale Konzerne. Heute ist der Kanton ein Paradies für Rohstoffhändler: An der Spitze Glencore mit einem Jahresumsatz von mehr als 200 Milliarden Franken.
Der Kanton hat 2014 insgesamt 2,445 Milliarden Franken an Steuern eingenommen – mehr als die Hälfte davon stammt von juristischen Personen. Von ihnen gibt es rund 25'000, davon sind 3000 Briefkastenfirmen. Mit einem Anteil von 11 Prozent Millionären ist der Kanton einsamer Schweizer Spitzenreiter.
Trotzdem muss sich der Kanton aus einem finanziellen Engpass manövrieren. Und das bedeutet: Für bestimmte Privilegien ist reich sein nicht genug – Superreich ist besser. So will der Kantonsrat die Hürden für die Pauschalbesteuerung heraufsetzen: Neu soll man erst bei einem Einkommen von 588'000 statt 420'000 Franken von einer steuerlichen Sonderbehandlung profitieren können. (rey)