Ab Mai 2011 verschwanden im Kanton Luzern sechs eritreische Frauen und Mädchen. Drei davon allein innert zwei Monaten. Die Vermisstmeldung machten jeweils der Ehemann oder die Eltern der Vermissten. Alle vermissten Personen waren zuvor im Rahmen eines bewilligten Familiennachzugs in die Schweiz eingereist.
Wegen der merkwürdigen Serie von Vermisstenfällen setzte die Polizei eine Sonderkommission ein. «Wir mussten zu Beginn von allen Optionen ausgehen, auch von Entführungen im Rahmen des organisierten Menschenhandels», sagt Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft Luzern.
Schweiz als «Transitland»
Die Ermittlungen ergaben jedoch, dass alles ein grosser Schwindel war. Die Vermissten waren gar nicht die Ehefrau oder die Tochter der Anzeigensteller. Sie gaben sie nur als solche aus, um sie im Rahmen des «Familiennachzugs» in die Schweiz zu holen. Die Identitäten waren aber gefälscht.
Damit der Betrug nicht aufflog, verschwanden die eingeschleusten Frauen und Mädchen kurz nach ihrer Ankunft in der Schweiz. Ihre angeblichen Verwandten gaben dann gezielt Vermisstanzeigen auf. Damit wollten sie allfällige Nachfragen oder Kontrollen der Ausländerbehörde verhindern.
Strafuntersuchung gegen sechs Personen
Die Staatsanwaltschaft hat nun gegen fünf angebliche Ehemänner und eine angebliche Mutter Strafuntersuchungen wegen Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz eingeleitet.
«Die Frau etwa hatte ihre angebliche Tochter als vermisst gemeldet. Später stellte sich heraus, dass es ihre Schwester war, die nach ein paar Tagen von der Schweiz nach Schweden weiterreiste», sagt Kopp.
Die Eritreer «profitierten» bei ihrer Täuschung vom Schengenraum. «Wenn diese Personen einmal im Schengenraum sind, können sie in jedes andere Land reisen und dort einen Asylantrag stellen», sagt Kopp.