«Der Killer meines Vaters will nach vier Jahren schon wieder aus der Klinik»
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Prügelattacke in Psychiatrie:«Der Killer meines Vaters will aus der Klinik»

Vater von Sergio Esposito totgeprügelt – jetzt soll Täter frei kommen
«Niemand will die Verantwortung für seinen Tod tragen»

Ein schuldunfähiger Schizophrener, ein Freispruch für den Oberarzt und ein drittes, noch offenes Verfahren: Schon seit vier Jahren kämpft der Sohn von Prügel-Opfer Cosimo Esposito (†85) für sein Recht. Doch ausser hohen Spesen ist bisher nicht viel passiert.
Publiziert: 02.02.2021 um 07:05 Uhr
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Aktualisiert: 30.04.2021 um 17:06 Uhr
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Cosimo Esposito (†85) wurde an Ostern 2017 in der Klinik St. Urban von seinem schizophrenen Zimmergenossen totgeprügelt.
Foto: Céline Trachsel
Céline Trachsel

Sergio Esposito (49) hat all sein Erspartes aufgebraucht: 35'000 bis 40'000 Franken gab der Luzerner schon für seinen Anwalt aus. Für nichts. «Der Oberarzt wurde freigesprochen, und der Täter, der meinen Vater totprügelte, könnte demnächst aus der Klinik entlassen werden.»

Karfreitag 2017. Cosimo Esposito (†85) wird in die psychiatrische Klinik St. Urban eingewiesen. Er hat einen Hirntumor – was zu diesem Zeitpunkt noch keiner weiss – und er hatte deshalb eine Krankenschwester geschlagen. «Wir wussten gar nicht, dass er in die Klinik verlegt wurde», sagt sein Sohn.

Vater im Zimmer totgeprügelt

Am selben Abend wird auch Adnan X.* (37) in die Klinik eingewiesen. Der schizophrene Kosovare hörte Engel sprechen, hatte Albträume und apokalyptische Vorstellungen. Er verhielt sich so auffällig, dass sein Bruder ihn in die Psychiatrie brachte. Er wird im Doppelzimmer mit Cosimo Esposito einquartiert. Kurz nach Mitternacht verprügelt der zweifache Kickbox-Weltmeister den Rentner so schlimm, dass dieser am nächsten Morgen im Inselspital Bern verstirbt.

Ein Schock für die Familie des Getöteten: «Ich habe meinen Vater in der Rechtsmedizin anschauen dürfen. Sein halber Kopf war weg!» Die Geschwister nehmen sich Anwälte. «Aber weil ich Einkommen habe, erhielt ich im Gegensatz zu meiner Mutter und meiner Schwester keine unentgeltliche Rechtspflege», so Esposito. Der Luzerner ist Privatkläger in drei Verfahren: gegen den Täter, gegen den Oberarzt und gegen den diensthabenden Arzt.

1 Freispruch, 1 Anfechtung, 1 Schuldspruch

Adnan X. wird in erster und zweiter Instanz schuldig gesprochen. Doch er ist schuldunfähig. Vom Kantonsgericht wird seine zeitlich unlimitierte stationäre Therapie aus dem Urteil der ersten Instanz relativiert. Die stationäre Massnahme wird auf drei Jahre begrenzt. Mittlerweile hat der Kosovare schon vier Jahre unter starken Medikamenten in der Geschlossenen verbracht. Esposito: «Jetzt kann er also freikommen. Das geht doch nicht», sagt Sergio Esposito und fragt sich: «Was, wenn er rauskommt, aber die Medikamente plötzlich nicht mehr nimmt?» Seine Forderung: «Er gehört richtig bestraft und dann ausgeschafft.» Ebenso wurmt den Luzerner, dass er die Parteikosten selber tragen muss – obwohl Adnan X. schuldig gesprochen wurde.

Weitere Verfahren sind noch offen – auch hier zahlt Esposito weiter drauf. Das Verfahren gegen den zum Tatzeitpunkt nicht anwesenden Oberarzt wird eingestellt – die Anwaltskosten trägt der Sohn erneut selber. Und den Strafbefehl, mit dem der diensthabende Arzt der Klinik der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen wurde, hat der Verurteilte angefochten. Eine gerichtliche Beurteilung steht noch aus.

Sohn wünscht sich Gerechtigkeit

Esposito hadert: «Niemand trägt die Verantwortung, und der Täter hat sich auch nie entschuldigt. Mein ganzes Erspartes ist aufgebraucht.»

Gegen den Täter würde er sogar vor Bundesgericht gehen. «Aber womit?» Überdies sagte ihm sein Anwalt: Sollte Esposito je eine Genugtuung für den Verlust des Vaters erhalten, belaufe sich diese auf geschätzte 5000 Franken.

Zu den laufenden Verfahren kann sich die Psychiatrische Klinik St. Urban nicht äussern. Aber Daniel Müller, Leiter des Direktionsstabs, sagt zu BLICK: «Dieses tragische Ereignis belastet und beschäftigt alle Beteiligten auch nach bald vier Jahren immer noch sehr.»

Der Sohn ist dennoch frustriert: «Ich zahle drauf – und dem Täter wird ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt, auf Staatskosten, versteht sich. Das ist einfach keine Gerechtigkeit.»

*Name geändert

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