Nach dem Unfall im Gotthard-Bahntunnel gibt es jetzt auch Probleme bei der wichtigen Nord-Süd-Achse im Autoverkehr, dem Gotthard-Strassentunnel. Der 17 Kilometer lange, zweispurige Tunnel bleibt «vorläufig gesperrt».
Der Grund für die Störung? «Nahe dem Tunnelportal Nord haben sich Betonteile gelöst und sind auf die Fahrbahn gefallen», schreibt das Astra. «Eine erste Bestandsaufnahme zeigt einen Riss in der Zwischendecke auf einer Länge von 25 Metern.» Wie die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt, ist zwischen der rund ausgehauenen Röhre durch den Berg und der eckigen Zwischendecke die Lüftung situiert. Diese sei besonders im Brandfall wichtig. Wie ein Sprecher des Astra gegenüber der «NZZ» erklärte, müssten nun Schäden an der Zwischendecke behoben werden, damit die Lüftung einwandfrei funktionieren kann.
«Wir hielten den Verkehr auf»
Einige Blick-Leser waren vor Ort. «Die Tunneldecke ist heruntergekommen», meldete sich eine Leserin. «Wir waren die Vordersten an der Tunnelsperrung im Tunnel.» Die Frau war mit ihrer Freundin auf dem Weg Richtung Norden, als ihr Auto bei Kilometer 10 eine Panne hatte. «Wir hielten den Verkehr auf, es staute sich alles zurück.» Von einem Mitarbeiter eines aufgebotenen Militärfahrzeugs erfuhr sie schliesslich, dass nördlich von ihrem Standpunkt Betonteile von der Tunneldecke herabgefallen waren.
Sie glaubt: «Unsere Panne könnte Schlimmeres verhindert haben.» Denn: Dadurch habe sich der Verkehr im Tunnel bereits einige Kilometer vor dem nördlichen Ausgang gestaut. Aus dieser Richtung konnte somit niemand mehr durchfahren.
Auch aus der anderen Richtung war kein Durchkommen: Um 16.16 Uhr meldete der TCS gestern per Twitter, dass der Gotthard in beiden Richtungen gesperrt sei, wegen eines Pannenfahrzeuges. Erst 25 Minuten später meldete der Verkehrsdienst dann, dass es im Tunnel ein «technisches Problem» gebe.
Rösti äussert sich zur Tunnelsperrung
Wie lange die Gotthard-Röhre gesperrt bleibt, darüber will Astra-Sprecher Bielmann nicht spekulieren. Am Montag gab Verkehrsminister Albert Rösti (54) jedoch am Rande einer Medienkonferenz zur Energiepolitik bekannt: «Der Gotthard wird bis spätestens Ende Woche wieder offen sein». Weitergehend sagte er, dass ihn die beiden Ereignisse am Gotthard innerhalb eines Monats natürlich bewegten. Er sei am Sonntagabend vom Astra informiert worden.
«Wir setzen alles daran, möglichst rasch den Schaden zu beheben, damit die Schliessung so kurz als nur möglich ist.» Sicherheit stehe aber an erster Stelle. «Wir sind im Berggebiet, in der Natur, die sich bewegt, da können Ereignisse passieren», so Rösti. Glücklicherweise seien keine Menschen zu Schaden gekommen.
Autos wendeten mitten im Tunnel
Bilder aus den sozialen Medien zeigten, wie am Sonntag mehrere Fahrzeuge mitten im Tunnel umkehren mussten. Ein User schreibt: «Wir hatten mehr als die Hälfte des 17 Kilometer langen Tunnels hinter uns, als der Tunnel auf beiden Seiten gesperrt wurde und der gesamte Verkehr umkehren und auf dem Weg ausfahren musste, auf dem er gekommen war. Unser Bus konnte nicht wenden und wir mussten die ganze Strecke rückwärts ausfahren.» Die Strasse im Tunnel wurde dabei von einem Armeefahrzeug gesperrt.
Auch ein Blick-Leser war bereits zehn Kilometer tief im Tunnel, als er mitten im Tunnel anhalten und dann wenden musste. Von der Kantonspolizei Uri hatte er erfahren, dass sich Deckenplatten auf der Göschener Seite gelöst hatten.
Stau-Chaos vor dem Tunnel und auf der Passtrasse
Seit der Sperrung wird der gesamte Verkehr über die A13 via San Bernardino sowie die Gotthard-Passstrecke umgeleitet – zumindest am Sonntagabend mit unangenehmen Folgen. «Es herrscht Chaos hier. Ich stehe seit zwei Stunden mit Hunderten von Leuten vor einer roten Ampel vor dem Gotthardtunnel», erzählte ein Blick-Leserreporter. Er und sein Sohn steckten am Sonntagabend vor dem Südeingang des Tunnels fest. Vor einer roten Ampel platzierte sich ein Polizeiwagen, der Autos davon abhielt, über die rote Ampel zu fahren, um umzudrehen. Auf Videos und Bildern war zu erkennen, wie zahlreiche Menschen planlos auf der Strasse standen. Erst nach rund zwei Stunden bewegte sich etwas, der Leser konnte umdrehen und sich über die Passstrasse probieren.
Ähnlich ging es einem weiteren Blick-Leserreporter, der rund zweieinhalb Stunden vor dem Gotthardtunnel feststeckte und es anschliessend ebenso über den Gotthard-Pass versuchte. Doch auch dort war weit und breit nichts als Stau zu sehen. «Wir brauchten auf der Passstrasse 30 Minuten für 900 Meter, sowas habe ich noch nie erlebt», sagt der Leserreporter.