Nazi-Skandal in Urner Gemeinde
Schattdorf nutzt KZ-Bild für Internetseite

Schattdorf machte mit einem Bild des KZ Dachau auf die Schliessung der Gemeinde am 15. August aufmerksam. Nun entschuldigt sich der Geschäftsführer gegenüber Blick und spricht von einem «unverzeihlichen Fehler».
Publiziert: 09.08.2022 um 11:27 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2022 um 13:20 Uhr
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Mit diesem Bild weist die Gemeinde Schattdorf auf ihre Schliessung am 15. August hin.
Foto: schattdorf.ch

Der Spruch «Arbeit macht frei» prangte an mehreren Konzentrationslagern am Eingangstor – eine zynische Umschreibung der Nazis für den angeblichen Erziehungszweck der Lager, in denen Millionen Menschen starben.

Entsprechend negativ behaftet ist die Aussage bis heute und wird nur von Neonazis benutzt. Und derzeit auch von der Gemeinde Schattdorf, wie «20 Minuten» berichtet.

Die Urner Verwaltung macht auf ihrer Webseite darauf aufmerksam, dass die Gemeinde an Mariä Himmelfahrt geschlossen bleibt. Zur Nachricht «Montag, 15. August 2022 geschlossen!» hat sie ein Bild hochgeladen, auf dem der Schriftzug «Arbeit macht frei» prangt.

Laut der Gemeinde ein dummer Fehler

Die Aufnahme zeigt den Eingang zum ehemaligen KZ Dachau, das erste als Dauereinrichtung gebaute Konzentrationslager. Rund 20 Kilometer nördlich von München gelegen, wurde es zuerst für politische Morde und zu Ausbildungszwecken für KZ-Wachmannschaften und SS-Führer benutzt. Von den insgesamt mindestens 200'000 Häftlingen starben offiziellen Angaben zufolge etwa 41'500.

Warum wirbt die Gemeinde mit einem solchen Bild für ihren Feiertag? Es sei ein «sehr peinlicher Fehler einer Mitarbeiterin» sagt Daniel Münch, Geschäftsführer der Gemeinder Schattdorf, zu Blick. Weder sie, noch die Gemeinde oder der Kanton Uri seien in irgendeiner Weise antisemitisch oder rassistisch, der Fehler sei aus «reiner politischer Unwissenheit« geschehen. Für ihn selber als gebürtigen Deutschen sei der Vorfall «doppelt schlimm». Münch: «Ich kann mich nur dafür entschuldigen, Verständnis erwarte ich keins für den Fehler. Er ist unverzeihlich. Aber ich bitte darum zu verstehen, dass dafür lediglich ein Loch in der politischen Bildung verantwortlich ist, keinerlei andere Gedanken».

Er habe ernst mit der Mitarbeiterin gesprochen und sie aufgeklärt. Arbeitsrechtliche Konsequenzen werde es für sie keine geben, das wäre unverhältnismässig. «Aber sie darf nun heute ruhig mit einem schlechten Gewissen herumlaufen.» Zudem habe er beschlossen, intern eine Aufklärung über das dunkle Kapitel des Zweiten Weltkriegs zu starten, damit solche Bildungslücken geschlossen werden. Und: «Künftig werde ich sämtliche Bilder und Texte prüfen, bevor sie veröffentlicht werden. Denn der Fall hat mir gezeigt, wie gross die Kraft von Bild und Text nicht nur bei Medienunternehmen, sondern auch bei anderen sind.»

Mittlerweile wurde das Bild ausgetauscht.

Moderatorin musste gehen, andere entschuldigten sich

In der Vergangenheit führte die Verwendung dieses Satzes regelmässig zum Eklat. Im deutschen Bundestagswahlkampf 2005 erklärte der damalige stellvertretende SPD-Vorsitzende Ludwig Stiegler (78), die Wahlparole der CDU, «Sozial ist, was Arbeit schafft», erinnere ihn an «Arbeit macht frei». Später entschuldigte er sich für diesen Vergleich.

2012 wurden eine Moderatorin und eine Assistentin des Lokalradios Gong 96,3 entlassen, weil sich die Moderatorin in einer Sendung mit den Worten «Arbeit macht frei» an die Hörer gewandt hatte, die am letzten Samstag im Juli arbeiten mussten.

Im Jahr 2019 kam es zu einem Eklat, als VW-Konzernchef Herbert Diess (63) seine Mitarbeiter bei einer Veranstaltung zu motivieren versuchte, indem er mehrmals den Slogan «Ebit macht frei» benutzte. Später entschuldigte er sich dafür. (vof)

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