Unfall-Ermittler erheben Vorwürfe nach Absturz in Erstfeld UR
Rega-Pilot kannte den Heli nicht gut genug!

Im Jahr 2015 stürzte in Erstfeld ein Rega-Helikopter bei der Landung ab. Drei Insassen verletzten sich dabei schwer. Jetzt liegt der Untersuchungsbericht vor – und dieser ist alarmierend: Der Pilot habe geringe fliegerische Erfahrung mit dem Helikopter gehabt. Die Rega verteidigt den Piloten.
Publiziert: 04.07.2017 um 16:53 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:20 Uhr
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Am 16. Februar 2015 ist ein Rega-Helikopter in Erstfeld abgestürzt.
Foto: Peter Scherer
Flavio Razzino

Am 26. Februar 2015 stürzte ein Rega-Helikopter in der Nähe des Landeplatzes in Erstfeld ab. Drei von vier Insassen wurden dabei verletzt. Sie erlitten durch den Aufprall komplizierte Rückenverletzungen.

Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) hat vor ein paar Tagen nun den Untersuchungsbericht veröffentlicht. Mit ein Grund für den Absturz, laut den Unfall-Ermittlern des Bundes: Der Rega-Pilot hatte zu wenig Erfahrung mit diesem Helikoptermodell! 

Konkret habe der Pilot nicht wahrgenommen, dass der Helikopter beim Landeanflug bei geringer Vorwärtsgeschwindigkeit zu schnell an Höhe verloren hatte.

Dabei entwickelte sich ein sogenannter Wirbelringzustand, der es einem Piloten unmöglich macht, die Sinkgeschwindigkeit zu kontrollieren. In der Folge schlug der Helikopter mit Wucht auf den Boden auf.

«Unzureichende Kenntnisse»

«Der Pilot erkannte den sich entwickelnden Wirbelringzustand des Helikopters zu spät», stellt die Sust fest. Dazu beigetragen haben die «geringe fliegerische Erfahrung des Piloten auf dem Unfallmuster» sowie «unzureichende Kenntnisse eines wesentlichen Grenzwertes».

Zudem habe der Pilot eine Anflugtaktik gewählt, die nicht der Windsituation beim Flugplatz Erstfeld angepasst war.

Ein Rega-Pilot, der mit wenig Erfahrung Rettungseinsätze fliegt? Das klingt alarmierend. Rega-Sprecher Harald Schreiber wehrt sich dagegen, den Piloten als unerfahren zu bezeichnen.

«Bei allen Rega-Piloten handelt es sich um erfahrene und für ihre Aufgabe bestens ausgebildete Personen, die fortlaufend in ihrem jeweiligen Einsatzprofil geschult und weitergebildet werden», sagt Schreiber.

Der abgestürzte Pilot hatte 8000 Flugstunden auf dem Konto, was auch aus dem Unfallbericht der Sust hervorgeht.

Umschulungskurs vor Absturz

Bloss: Diese Stunden hatte der Pilot nicht auf dem Helikoptermodell gesammelt, mit dem er am 26. Februar den fatal endenden Einsatz fliegen musste.

Wie Daniel Knecht, Untersuchungsleiter der Sust, zu BLICK sagt, brauche ein Pilot auch bei Umschulungen mehrere Hundert Flugstunden, um ein neues Helikoptermodell mit all seinen Finessen wirklich zu kennen.

Der Unfall-Pilot der Rega hatte zum Zeitpunkt des Absturzes aber gerade mal 42 Flugstunden auf diesem Modell. Erst wenige Wochen vor dem Absturz absolvierte er dafür einen Rega-internen Umschulungskurs.

Aber auch hier sieht die Rega keinen Grund für Kritik. «Für Umschulungen investiert die Rega im Schnitt das Dreifache der gesetzlich vorgeschriebenen Flugzeit», sagt Schreiber.

Knecht von der Sust bestätigt zwar, dass der Pilot rechtlich gesehen nach seiner Umschulung das Helikoptermodell fliegen durfte. Für ihn ist aber klar, dass das Gesetz lediglich Minimalvorgaben macht. Für Umschulungen sind zwischen drei bis zehn Flugstunden vorgeschrieben – je nachdem, wie sehr sich die Helikoptermodelle unterscheiden.

 «Wir sprechen in diesem Fall aber von einem Piloten, der zum Teil auch schwierige Rettungseinsätze fliegen muss – da wird von ihm und dem Helikopter mehr abverlangt», sagt der Untersuchungsleiter der Sust.

Rega hat Massnahmen getroffen

Die Rega will aus dem Absturz lernen, wie Schreiber sagt. «Der Zwischenfall wurde nicht nur von den Behörden, sondern auch von der Rega intern untersucht. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen hat die Rega bereits vor über zwei Jahren Massnahmen umgesetzt», sagt Schreiber.

Unter anderem wurde die Ausbildung der Rega-Helikopterpiloten um das Fallbeispiel ergänzt sowie das gesamte Helikopterpiloten-Korps entsprechend informiert und sensibilisiert.

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