Suizid-Drama bei Polizei-Einsatz in Malters LU
Freispruch für Polizeikommandant und Kripo-Chef

Zwei Kaderleute der Luzerner Polizei wurden heute vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Sie hätten den Suizid von Ursula R. (†65) verhindern können, hatte es zuvor geheissen.
Publiziert: 27.06.2017 um 09:08 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:22 Uhr
Das sagt die Luzerner Regierung zum Malters-Urteil
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Vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen:Das sagt die Luzerner Regierung zum Malters-Urteil

Der Luzerner Polizeikommandant Adi Achermann (53) und Kripo-Chef Daniel Bussmann (58) waren angeklagt, am Suizid von Ursula R. (†65) schuld zu sein. Das Bezirksgericht Kriens war heute anderer Meinung. Die beiden Polizeioffiziere wurden heute vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen.

Kommandant Achermann und Kripo-Chef Bussmann war am Prozess vom ausserordentlichen Staatsanwalt Christoph Rüedi vorgeworfen worden, sie hätten nicht alle Alternativen zu der Intervention ausgeschöpft, in deren Verlauf die Frau sich erschossen habe. Die Verteidiger hatten dagegen Freisprüche gefordert, weil ihre Mandanten pflichtbewusst gehandelt hätten.

Routine-Einsatz endete im Drama

Was in einem Drama endete, hätte eigentlich ein Routine-Einsatz werden sollen. Nach der Festnahme von Grossdealer Daniel O.* (47) hatten die Zürcher Strafverfolgungsbehörden im März 2016 ihre Luzerner Kollegen zur Hausdurchsuchung geschickt. Sie vermuteten in der Alten Mühle in Malters LU eine Indoor-Hanfanlage.

Dort trafen die Beamten auf Ursula R.* (65), die Mutter des Verhafteten. Die paranoide Frau weigert sich, zu öffnen und droht, sich zu erschiessen. Sie war bewaffnet. Kurze Zeit später fielen zwei Schüsse. Ein 19-stündiger Nervenkrieg begann. Er endete mit dem Büsi-Mord von Ursula R. und anschliessend ihrem Suizid.

Mutter hatte mit Suizid gedroht

Pikant: Ursula R. verhandelte zuvor mit der Polizei am Telefon. Sie drohte dabei mehrmals mit Suizid – explizit bei einem Zugriff! Trotzdem fand die Razzia statt.

Achermann hatte heute vor Gericht eine bedingte Geldstrafe von maximal 50’400 Franken, Bussmann eine von 67’200 Franken gedroht.

Die Kosten des Vorverfahrens von 32'747 Franken und die Gerichtskosten in der Höhe von 15'000 Franken gehen zulasten des Staates. Die Kosten des Privatklägers müsse Sohn Daniel O. tragen.

Aufgeben kam für sie nie in Frage

Richter Kilian Emmenegger sagte heute bei der Urteilsverkündung, die Beamten hätten innerhalb des Handlungsspielraumes gehandelt, über den die Polizei verfügen müsse. «Die Mutter verweigerte der Polizei von Beginn weg den Zutritt. Sie hatte verlangt, mit ihrem Sohn zu sprechen. Darüber hinaus wollte sie einen Tag Zeit, um zu überlegen.» Ein Aufgeben sei für sie aber nie in Frage gekommen.

Entscheidend sei es vor allem gewesen, dass Ursula R. gesagt habe, die Polizei werde sie nie lebend kriegen. Ein weiteres Zuwarten wäre zwar grundsätzlich möglich, aber auch mit einem erheblichen Risiko verbunden gewesen. «Sie stellte eine Gefahr für Dritte dar», sagte Emmenegger.

Das Bezirksgericht kam zudem zum Schluss, dass der Suizid der Frau den Beschuldigten nicht als fahrlässige Tötung vorgeworfen werden könne. Dies wäre nur der Fall, wenn die Frau nicht urteilsfähig gewesen sei. Diese Urteilsunfähigkeit sei aber nicht bewiesen gewesen, sondern habe nur vermutet werden können. Dies reiche strafrechtlich aber nicht für eine Verurteilung.

Das Urteil des Bezirksgerichts Kriens ist noch nicht rechtskräftig. Die ausführliche schriftliche Begründung steht noch aus. (hii/stj)

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