Die Ostertage 2017 veränderten das Leben von Sergio Esposito (49) aus Luzern. Sein Vater Cosimo Esposito wurde Opfer eines Tötungsdelikts. Der 85-Jährige wurde in der psychiatrischen Klinik St. Urban brutal totgeprügelt – von seinem kurz zuvor eingelieferten, hochgradig schizophrenen Zimmergenossen Adnan X.* (37).
Der Sohn musste nicht nur um seinen geliebten Papa trauern, sondern für die verhängnisvolle Tatnacht auch Zehntausende Franken blechen.
Privatkläger zahlt selbst – weil Täter schuldunfähig ist
Denn statt Genugtuung zu erhalten, stapeln sich bei Sergio Esposito die Anwalts-Rechnungen. Das Problem: Der Täter ist schuldunfähig. Und deshalb muss Sergio Esposito seine Parteikosten als Privatkläger selber tragen. Seine gesamten Ersparnisse von fast 40'000 Franken gingen allesamt drauf.
Ein Oberarzt der psychiatrischen Klinik wurde bereits freigesprochen – das Verfahren gegen den diensthabenden Arzt ist noch pendent. Auch in diesen beiden Verfahren tritt Esposito als Privatkläger auf – und auch in diesen Verfahren bezahlt er alles aus der eigenen Tasche.
Erspartes aufgebraucht – aber Esposito möchte weitermachen
Der Luzerner, der in der Reinigungsbranche arbeitet, sagt: «Ich bin ein armer Mann, habe ein sehr geringes Einkommen und komme mit meiner Familie gerade so durch. Über die Jahre habe ich dank Zusatzjobs trotzdem ein wenig sparen können. Jetzt ist mein Vater tot – und mein Erspartes weg.» Deshalb sammelt Sergio Esposito nun Spenden.
Auch deshalb braucht er Geld, weil er gerne ans Bundesgericht gelangen würde. Denn Adnan X.* (37) wurde von zwei Instanzen der vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen. Doch wegen seiner psychischen Erkrankung wurde er nur zu einer stationären Therapie verdonnert. Die zweite Instanz hat diese nun auf drei Jahre beschränkt. Für Sergio Esposito nicht akzeptierbar: «Der Täter könnte bald freikommen. Das kann es nicht sein. Zudem wurden ihm alle Anwaltskosten bezahlt – aber mir als Angehörigem des Opfers nicht.»
Für den amtlichen Verteidiger des Täters bezahlte der Staat
Für den Täter kam bisher der Staat auf: Fast 35'000 Franken kostete der Pflichtverteidiger für zwei Verfahren bis zur zweiten Instanz.
«Wo ist da die Gerechtigkeit?», meint Esposito. «Ich kann jetzt nur noch auf viel Solidarität hoffen von Leuten, die mich unterstützen. Denn sonst hilft mir niemand.» Es sei verrückt, dass man als Angehöriger eines Opfers das Nachsehen habe. «Ich schlafe nur noch sehr schlecht. Die ganze Angelegenheit setzt mir psychisch stark zu – aber für die Angehörigen des Opfers einer so schweren Gewalttat interessiert sich in der Schweiz leider niemand.»
Auf Anfrage von Blick, ob die psychiatrische Klinik St. Urban aus Solidarität – und nicht als Schuldeingeständnis – auch einen Betrag spenden würde, antwortete Daniel Müller, Leiter des Direktionsstabs: «Das tragische Vorkommnis belastet uns weiterhin sehr. Wir bedauern die private Situation der Familie des Opfers. Der Abschluss des laufenden Verfahrens ist abzuwarten, wir bitten deshalb um Verständnis, dass wir uns im Moment dazu nicht weiter äussern möchten.»
* Name geändert