Darf Sexualstraftäter Peter Vogt mit Exit sterben?
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Sterbehilfe im Gefängnis:Darf Sexualstraftäter Peter Vogt mit Exit sterben?

Sexualstraftäter Peter Vogt hat im Knast regelmässig Frauenbesuch
Wie lebensmüde ist er wirklich?

Er wird nie mehr in Freiheit leben. Sexualstraftäter Peter Vogt (69) ist für immer weggesperrt. Er sieht in seinem Leben hinter Gittern keinen Sinn mehr. Vogt will mit Exit sterben. Aber wie schlimm ist sein Alltag im Knast?
Publiziert: 03.12.2019 um 17:59 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2019 um 08:21 Uhr
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Will sein Leben hinter Gittern beenden: Peter Vogt möchte mit Hilfe der Organisation Exit sterben.
Foto: Screenshot SRF
Helena Schmid und Johannes Hillig

Er ist eingesperrt. Für immer. Peter Vogt (69) wird nie mehr ein Leben in Freiheit führen. Zu hoch ist die Gefahr, dass der Serien-Sextäter wieder zuschlägt. Zu gross die Angst der Behörden, dass er sich wieder an einem Kind oder einer Frau vergeht.

Seit mehr als 25 Jahren sitzt er hinter Gittern. Die Perspektivlosigkeit nagt an ihm, zermürbt ihn – jeden Tag. Deshalb will Vogt sterben. Helfen soll ihm dabei die Organisation Exit. Und genau das bringt den Schweizer Strafvollzug an seine Grenzen (BLICK berichtete).

Wunsch nach Nähe

Mittlerweile leidet Vogt an einer Herz- und Niereninsuffizienz, geht an Krücken. Seinen Alltag hinter Gittern sieht er als psychische Folter. «Was ist das für eine Existenz? Ohne Nähe, ohne Zärtlichkeit? Ich kann einfach nicht mehr», sagte er auch bei einem BLICK-Besuch in der Zuger Strafvollzugsanstalt Bostadel.

Doch: Petra K.* (54) kann das Leiden so nicht bestätigen. Sie ist regelmässig in Bostadel, besucht ein Familienmitglied, das dort einsitzt. Im Besucherraum konnte sie Peter Vogt schon mehrmals beobachten. «Er durfte mit einer Frau Händchen halten oder sie umarmen. Sogar einen Kuss habe ich gesehen», so Petra K. zu BLICK.

Regelmässiger Besuch – aber er darf nicht ins Séparée

Recherchen zeigen: Peter Vogt bekommt regelmässig Besuch. «Überwiegend von Frauen», sagt er. «Da bin ich ein Ausnahmefall unter den Verwahrten.» Doch mehr als ein Begrüssungskuss und Händchen halten sei nicht drin. «Als ein junger Mann kürzlich seine Freundin umschlungen hielt, wurden die beiden zurechtgewiesen», erklärt Vogt. Privatsphäre sei keine vorhanden, Zärtlichkeiten verboten. Und: Als Sexualstraftäter hat Vogt kein Anrecht auf ein Séparée.

Die Besuche am Wochenende sind seine einzige Abwechslung. Unter der Woche ist der Alltag streng getaktet. Um sieben Uhr morgens Frühstück. Eine halbe Stunde. Dann Arbeitsbeginn in einem der sechs Produktionsbetriebe – hinter den Gefängnismauern: Korbflechterei, Malerei, Kartonage, Metallbearbeitung, Montage, Schreinerei.

Mittagessen von 11.30 bis 13.30 Uhr. Vogt zu BLICK: «Das Essen hier schmeckt gut. Als Bauernsohn habe ich aber auch keine hohen Erwartungen.»

Ausgang – nur mit Polizeiaufgebot

Am Nachmittag wird wieder gearbeitet. Um 16.30 Uhr folgt eine Anwesenheitskontrolle im Wohnraum. Schliesslich Freizeit. «Wir dürfen die Sporthalle nutzen und telefonieren», so der Verwahrte. Um 18.15 Uhr muss er auf seiner Etage sein. Dienstags und donnerstags erst um 20 Uhr. Zwischen 21 und 22 Uhr geht es dann zurück in die Zelle.

Die Bedingungen, sagt er, seien im Bostadel wohl besser wie vielerorts sonst. Trotzdem hadert er: «Ich sitze schon so viele Jahre hier – irgendwann hat man die Routine gesehen.» Seit Februar 2018 darf Peter Vogt in den Ausgang. Drei Mal bisher. Polizeibegleitet. Jeweils fünf Stunden. Zu kurz, um seine Mutter zu besuchen. Die hochbetagte Frau leidet an Demenz. Die Reise zu ihrem Sohn wäre zu gefährlich, sagen die Ärzte. «Als ich erfuhr, dass ich meine Mama wohl nie mehr sehen werde, verlor ich den letzten Lebensmut», sagt er.

Gefühltes Leben im Hamsterrad

Trotzdem: Laut Gutachten gilt Vogt als nicht therapierbar, als hochgefährlich. Er bleibt streng überwacht. Weggesperrt. «Ich renne in einem Hamsterrad», sagt er.

Gibt es also nur einen Ausweg für ihn – den Tod? Ein Therapiebericht des Forensischen Instituts Zentralschweiz kommt zum Schluss: Nein. Die Rechtspsychologen halten fest, Vogt hätte in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht. Sich persönlich weiterentwickelt. Ihre Empfehlung: Der Wechsel in ein offenes Setting. So könne er einfacher soziale Kontakte pflegen. Es wäre ein Lichtblick für Vogt. Doch die Behörden erkennen den Bericht und den Wunsch von Vogt nicht an. Alles beim Alten – so sieht Vogt weiter nur einen Ausweg: sterben.

* Name geändert


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