Auf einen Blick
- Klausjagen in Küssnacht SZ: Tradition ohne Frauen sorgt für Unmut
- Bundesrat Cassis beobachtete die Tradition, äusserte sich aber nicht zur Frauenfrage
- Antrag für Mädchenteilnahme bis 16 Jahre wurde per Handstimme abgelehnt
Jedes Jahr am 5. Dezember findet in Küssnacht am Rigi das Klausjagen statt. Bei der urtümlichen Tradition, die schon seit der frühen Neuzeit gefeiert wird, versammeln sich abends die sogenannten Klausjäger. Alle in weisse Hirtenhemden gekleidet.
Nach einem Böllerschuss gehen in Küssnacht die Lichter aus, und der Umzug beginnt. Vorneweg die Geislechlepfer mit ihren Peitschen. Dahinter die Iffleträger mit ihren prachtvoll verzierten Iffelen – aus Karton und Seidenpapier verzierte Mützen, die an Kirchenfenster erinnern. Einige davon zwei Meter hoch und 20 Kilogramm schwer.
Ein jährliches Highlight für alle Küssnachter. Doch seit einiger Zeit regt sich Unmut unter der Bevölkerung. Der Grund: Der Umzug ist Männern vorbehalten – auch beim Umzug der Schüler, die schon am Nachmittag durch den Ort ziehen, dürfen nur die Jungs mitlaufen. Und das gefällt längst nicht mehr allen in Küssnacht. Es sei überholt, nicht mehr zeitgemäss.
«Ich glaube nicht, dass das passiert»
Das sollte sich nun dieses Jahr ändern. Ein entsprechender Antrag wurde an der letzten Generalversammlung der St. Niklausengesellschaft Küssnacht gestellt – und zwar von einem Vater. Ihn hatte es gestört, dass seine Töchter nicht an der Tradition teilnehmen können, berichten mehrere Mitglieder gegenüber Blick. Er wollte, dass Mädchen und junge Frauen beim Schülerklausjagen teilnehmen dürfen – maximal bis sie 16 Jahre alt sind. Also eine Art Teilerlaubnis.
Das Ergebnis der Abstimmung: Der Vorschlag wurde abgelehnt! Das berichtete zuerst der «Bote der Urschweiz». Das Problem: Die Abstimmung fiel per Handstimme aus. Also nicht anonym. Besonders: Der Vorstand, allen voran der Präsident der St. Niklausengesellschaft, Pascal Knüsel, habe sich ganz klar gegen eine Aufnahme von Mädchen ausgesprochen. Auf Anfrage von Blick verteidigt Knüsel seinen Standpunkt. Die Mädchen wollten ohnehin nicht wirklich mitmachen. Dass Mitglieder Angst haben müssen, Anfeindungen oder böse Blicke zu bekommen, nur weil sie eine Veränderung der Tradition wollen, davon wisse er nichts. «Ich glaube nicht, dass das passiert.»
«Bundesbern soll sich nicht einmischen»
Die Arbeitsgruppe «Chlausjagen für alle» sieht das etwas anders. Die Mitglieder setzen sich aktiv für einen Wandel ein. Bisher ohne Erfolg. Doch sie kämpfen weiter – trotz der gescheiterten Abstimmung. Sie sind davon überzeugt, dass die Veränderung kommt. Die Frage ist nur, wann. «Klar, es ist eine Tradition, und es wird von Generation zu Generation weitergegeben, dass dort nur Buben oder auch nur Männer teilnehmen dürfen. Und dann übernimmt man das einfach so», so ein Mitglied der Arbeitsgruppe zu Blick. Vielen sei sicher auch nicht bewusst, dass es sich dabei um eine gezielte Ausgrenzung handelt. Der Anlass, das Klausjagen, sei eine schöne Tradition. «Es stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Es ist so schön, wenn alle zusammenkommen und Freude haben.» Darum sei es aber eben auch wichtig, dass niemand ausgeschlossen werde.
Vielleicht ändert sich ja schon bald etwas. Ein Umdenken findet zumindest schon mal statt. Während und nach dem Umzug seien mehrere Küssnachter auf die Mitglieder der Arbeitsgruppe zugegangen und hätten sie für den Einsatz gelobt. Der Zuspruch, er wächst.
Dieses Jahr fand das Klausjagen aber erst mal wieder nur mit Jungs und Männern statt. Auch Bundesrat Ignazio Cassis (63) bestaunte die Tradition in Küssnacht. Zu der Frage, ob Frauen auch teilnehmen sollten, äusserte er sich nicht. Der 63-Jährige zum «Boten der Urschweiz»: «Das ist eine Revolution. Dazu äussere ich mich nicht. Bundesbern soll sich bei dieser schwierigen Frage nicht einmischen.»