Prozess gegen Ignaz W.
Echte Schüsse bei Tat-Rekonstruktion in Erstfeld

Vor dem Prozess gegen den Erstfelder Puff-Betreiber Ignaz W., der 2010 einen Killer auf seine Frau angesetzt haben soll, hat das Berufungsgericht eine aussergewöhnliche Massnahme ergriffen: Forensiker stellten die Tatversionen von Anklage und Verteidigung mit echter Munition nach.
Publiziert: 29.09.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 12:48 Uhr
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Experten des Forensischen Instituts Zürich untersuchen im Auftrag des Obergerichts Uri mit einem gerichtlichen Augenschein den Tatort mit Schussrekonstruktion im Fall des Erstfelder Barbetreibers. Dieser ist des versuchten Mordes und der versuchten vorsätzlichen Toetung angeklagt.
Foto: Keystone/Urs Flueeler

Anlass für die seltene Schussrekonstruktion waren Vorkommnisse in Erstfeld in der Nacht vom 12. November 2010. Der damals 31-jährigen Frau des Barbetreibers wurde auf dem Heimweg kurz vor ihrem Wohnhaus von hinten in den Rücken geschossen. Die Fussgängerin überlebte schwer verletzt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem damaligen Ehemann Ignaz W. vor, einen Killer auf seine Frau angesetzt zu haben. Der Beschuldigte bestreitet die Tat.

Für den vom Urner Obergericht angeordneten Augenschein wurde das Erstfelder Wohnquartier Bärenboden gestern Abend ab 21 Uhr für eineinhalb Stunden zur Sperrzone. Die Bewohner wurden aufgerufen, sich nicht hinter den Fenstern ihrer Häuser aufzuhalten. Zur Sicherheit war ein Kugelfang aufgestellt worden, einzelne Fenster waren abdeckt.

Insgesamt fielen neun Schüsse

Ein Mitarbeiter des Forensischen Instituts Zürich feuerte mit der Originaltatwaffe bei drei Durchgängen mit jeweils unterschiedlichen Schritttempi und Schusstakten jeweils drei Schüsse auf eine wenige Meter entfernte, fahrbare Zielscheibe ab. Die Szenarien wurden von den Prozessparteien eingebracht. Beim Forensiker handelte es sich um einen geübten Schützen. Insgesamt fielen neun Schüsse.

Zwischen den Durchgängen lokalisierten Experten die Patronenhülsen im Gelände. Die Szenerie wurde von Video- und Fotokameras festgehalten. Beim dritten und letzten Szenario zeigte die alte Pistole zunächst Ladehemmungen. Schliesslich wurde der Augenschein aber wie geplant beendet.

Seltene Schussrekonstruktion

Eine Schussrekonstruktion mit echter Munition sei selten und aussergewöhnlich, erklärte Kurt Zollinger, Sprecher des Forensischen Instituts Zürich, vor Journalisten. Letztmals sei eine solche 2010 in Pratteln BL durchgeführt worden.

Bei der aussergewöhnlichen Rekonstruktion sei es darum gegangen, dem Gericht und den Prozessparteien zu zeigen, was sich anhand der Spuren hätte abspielen können, sagte Zollinger. Die Forensiker hätten versucht, bei den unterschiedlichen Szenarien das damals am Tatort vorgefundene Spurenbild wiederherzustellen.

Neuauflage des Prozesses

Welche Schlüsse Anklage und Verteidigung aus dem Augenschein ziehen, geben sie an der Gerichtsverhandlung bekannt. Die Neuauflage des Berufungsprozesses gegen den Erstfelder Barbetreiber beginnt am 19. Oktober. Der Prozess vor dem Urner Obergericht soll rund zweieinhalb Wochen dauern. Der Fall hatte sich wegen einer möglichen Befangenheit eines leitenden Ermittlers zur Justizaffäre ausgeweitet. (sda)

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