Opfervertreterin zum Suizidwunsch von Vergewaltiger Peter Vogt (68)
«Schmoren bis zum bitteren Ende»

Peter Vogt (68) vergewaltigte mehrere Frauen. Dafür muss er bis zum Ende seines Lebens hinter Gittern sitzen. Eigentlich. Denn: Jetzt will er sterben – und zwar mit der Organisation Exit. Doch so einfach ist das nicht.
Publiziert: 11.10.2018 um 01:56 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2018 um 08:13 Uhr
Verwahrter will mit Hilfe von Exit sterben
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Ohne Perspektive:Verwahrter will mit Hilfe von Exit sterben
Johannes Hillig und Michael Sahli

Peter Vogt (68) würgte und vergewaltigte über ein Dutzend Kinder und Frauen. Schon 1996 titelte BLICK: «Lasst ihn nie mehr raus!». So kam es auch. Vogt ist bis heute verwahrt. Aussicht auf Entlassung: keine.

Jetzt ist der Serientäter nach eigenen Angaben ein Wrack. Täglich müsse er 17 Tabletten nehmen, sagte er der SRF-«Rundschau». Er läuft an Krücken, ist gezeichnet von einer Lungenkrankheit. Trotzdem gilt der 68-Jährige weiter als gefährlich.

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Hier im Gefängnis Bostadel im Kanton Zug sitzt Peter Vogt.
Foto: SRF

Will sein Ableben planen 

Vogt hat nur noch einen Wunsch: Mit der Organisation Exit will er seinem Dasein ein Ende setzen – im Gefängnis. «Das Leben hat keinen Sinn mehr. Was soll ich am Leben bleiben, damit man mich einsperren kann?» Das Mass des Erträglichen sei seit langem überschritten, schreibt er in einem Brief an Exit, der BLICK vorliegt. «Ich erachte es darum an der Zeit, mein Ableben zu planen.»

Keine Seltenheit im Knast, weiss der ehemalige Gefängnispsychiater Josef Sachs: «Die Wahrscheinlichkeit Suizidgedanken zu bekommen, sind im Gefängnis zehn Mal höher als in Freiheit.» Doch, dass sich jemand per Exit umbringen lassen will, ist auch für ihn neu.

Tatsächlich wollte bisher noch kein Schweizer Häftling Sterbehilfe in Anspruch nehmen. Vogt wäre ein Novum. Und: Rechtliche Grundlagen gibt es keine. Die Justizbehörden stehen vor einem Dilemma. Das schweizerische Kompetenzzentrum für den Justizvollzug hat deshalb von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren den Auftrag erhalten, Grundlagen für den begleiteten Suizid im Gefängnis auszuarbeiten. Erste Resultate dürften aber erst 2019 vorliegen, heisst es auf Anfrage.

Exit prüft das Gesuch

Selbst bei Exit weiss man offenbar nicht, wie man mit dem Sterbewunsch des Schwerverbrechers umgehen soll. Die Organisation äussert sich nur schriftlich: «Exit ist sich der gesellschaftspolitischen Tragweite dieses speziellen Gesuches bewusst und nimmt sich der Thematik daher mit aller gebotenen Sorgfalt an.»

Auch Laszlo Polgar vom Berner Amt für Justizvollzug sieht Risiken: «Es kann nicht sein, dass ein Straftäter nach einem Jahr sagt, ich will aus dem Leben scheiden.»

Notfalls bis vor das Bundesgericht

Vogt weiss um die juristischen Hindernisse, hat deshalb Anwalt Roger Lerf engagiert. Für diesen erfüllt Vogt die Bedingungen für den Freitod: «Er ist psychisch unheilbar krank, aber völlig urteilsfähig.» Und: «Das Verbüssen ist vorbei. Ein Verwahrter hat die gleichen Rechte wie jemand in Freiheit.»

Falls seinem Klienten der begleitete Freitod verwehrt wird, sieht der Jurist zwei Möglichkeiten. Entweder Vogt töte sich «auf seine Art, wie es viele andere machen». Oder: «Wir ziehen damit bis vor Bundesgericht.»

Soll ein Verwahrter Sterbehilfe erhalten?

Nein - Christine Bussat (47)

Menschlich verstehe ich zwar, dass so eine Person den Sinn des Lebens nicht mehr sieht – und dann gehen will. Auch könnte man sich fragen, warum man jemanden mit Steuergeldern medizinisch aufpäppelt und am Leben hält, der das gar nicht mehr möchte. Obwohl die Gutachter entschieden haben, dass er das Gefängnis sowieso nie mehr verlässt.

Wenn ich mich aber in die Mutter oder die Geschwister einer der Opfer versetze, ist der Fall wohl eindeutig: So ein Täter soll möglichst lange hinter Gittern bleiben. Schmoren bis zum bitteren Ende. Auch wenn es nicht schön ist. Es geht Angehörigen auch um Sühne für das Verbrechen.

Klar, es ist eine komplizierte Entscheidung. Mein Kopf sagt: Nein, das ist grausam, gerade wenn jemand krank ist. In diesem Fall denke ich aber nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen. Und es sind schlussendlich die Opfer, die mir am Herzen liegen. Das Wohl des Täters ist da zweitrangig.

Christine Bussat gründete den Verein Marche blanche, der unter anderem die Pädophilen-Initiative lancierte. Der Verein hat sich mittlerweile aufgelöst.

Christine Bussat
zVg

Menschlich verstehe ich zwar, dass so eine Person den Sinn des Lebens nicht mehr sieht – und dann gehen will. Auch könnte man sich fragen, warum man jemanden mit Steuergeldern medizinisch aufpäppelt und am Leben hält, der das gar nicht mehr möchte. Obwohl die Gutachter entschieden haben, dass er das Gefängnis sowieso nie mehr verlässt.

Wenn ich mich aber in die Mutter oder die Geschwister einer der Opfer versetze, ist der Fall wohl eindeutig: So ein Täter soll möglichst lange hinter Gittern bleiben. Schmoren bis zum bitteren Ende. Auch wenn es nicht schön ist. Es geht Angehörigen auch um Sühne für das Verbrechen.

Klar, es ist eine komplizierte Entscheidung. Mein Kopf sagt: Nein, das ist grausam, gerade wenn jemand krank ist. In diesem Fall denke ich aber nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen. Und es sind schlussendlich die Opfer, die mir am Herzen liegen. Das Wohl des Täters ist da zweitrangig.

Christine Bussat gründete den Verein Marche blanche, der unter anderem die Pädophilen-Initiative lancierte. Der Verein hat sich mittlerweile aufgelöst.

Ja - Ruedi Szabo (59), Ex-Knasti

Ich verstehe die Perspektive der Gefangenen. Im Knast habe ich erlebt, wie sich einer in der Nachbarzelle selbst tötete. Suizid ist immer ein grosses Thema in Strafanstalten. 

Ich finde, jeder hat das Recht, selbst über sein Leben zu entscheiden. Auch Täter sind Menschen. Dabei geht es nicht darum, dass sich jemand tötet, weil er etwa seine Strafe nicht absitzen will. Gerade in U-Haft, wo man sehr isoliert ist, denkt fast jeder mal an Selbstmord.

Es geht mir um gesundheitliche Qualen. Wenn jemand wirklich unheilbar krank ist. Es kann nicht sein, dass jemand jahrelang dahinsiechen muss. Im Knast oder sonst wo. Natürlich verstehe ich, dass Angehörige der Opfer einen Täter möglichst leiden sehen wollen. Aber: Der Täter wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Und nicht dazu, langsam in einem Kämmerchen zu verenden.

Ruedi Szabo sass selbst sechs Jahre hinter Gittern, hauptsächlich wegen verschiedener Überfälle. Seit seiner Entlassung unterstützt er Ex-Häftlinge bei ihrem Weg zurück in einen geordneten Alltag.

Ruedi Szabo
zVg

Ich verstehe die Perspektive der Gefangenen. Im Knast habe ich erlebt, wie sich einer in der Nachbarzelle selbst tötete. Suizid ist immer ein grosses Thema in Strafanstalten. 

Ich finde, jeder hat das Recht, selbst über sein Leben zu entscheiden. Auch Täter sind Menschen. Dabei geht es nicht darum, dass sich jemand tötet, weil er etwa seine Strafe nicht absitzen will. Gerade in U-Haft, wo man sehr isoliert ist, denkt fast jeder mal an Selbstmord.

Es geht mir um gesundheitliche Qualen. Wenn jemand wirklich unheilbar krank ist. Es kann nicht sein, dass jemand jahrelang dahinsiechen muss. Im Knast oder sonst wo. Natürlich verstehe ich, dass Angehörige der Opfer einen Täter möglichst leiden sehen wollen. Aber: Der Täter wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Und nicht dazu, langsam in einem Kämmerchen zu verenden.

Ruedi Szabo sass selbst sechs Jahre hinter Gittern, hauptsächlich wegen verschiedener Überfälle. Seit seiner Entlassung unterstützt er Ex-Häftlinge bei ihrem Weg zurück in einen geordneten Alltag.

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